Deutschland. Ex-Umweltminister Norbert Röttgen will für den CDU-Vorsitz kandidieren. Der schwarz-grün gepolte CDU-Politiker überrascht damit Freund wie Feind. Und eine offene Kampfabstimmung über die künftige Führung wird wahrscheinlicher.
Berlin. Vor einigen Wochen hat Norbert Röttgen der „Presse am Sonntag“ ein Interview gegeben. Es ging auch um die Frage, wer die CDU personell aus der Krise führen könnte, wie das dem ÖVP-Chef bei der Schwesterpartei in Wien gelungen war. „Sebastian Kurz ist nicht im Angebot“, sagte Röttgen dazu. Er ging auch sanft auf Distanz zum österreichischen Kanzler. Der Ansatz von Kurz sei „nicht eins zu eins übertragbar“. „Aber es geht auch bei uns darum, einen christdemokratischen Neuanfang zu verkörpern.“ So wie es aussieht, hat Norbert Röttgen bei der Verkörperung dieses Neuanfangs auch an sich selbst gedacht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags hat Dienstagfrüh Freund wie Feind mit seiner Kandidatur für den Parteivorsitz überrascht.
Sofort drängte sich eine große Gemeinsamkeit von Röttgen und seinem möglichen Mitbewerber Friedrich Merz auf: Dieselbe Frau hat einst ihre Karrierepläne durchkreuzt. Angela Merkel hat beide abmontiert, den einen, Röttgen, 2012 als Umweltminister, den anderen, Merz, 2002 als Fraktionschef. Doch nun dräut das Ende der Ära der Kanzlerin. Sie will bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten. Und aus den Schicksalsgenossen werden Rivalen. In den sozialen Netzwerken sorgte das genauso für Spott und Häme wie die biografischen Parallelen der vier möglichen Anwärter auf den CDU-Vorsitz. Vier Männer, alle katholisch, alle aus Nordrhein-Westfalen (NRW), schielen auf das Erbe der ersten protestantischen Kanzlerin aus dem Osten. Wobei Röttgen der „erste und einzige“ ist, der überhaupt schon seine Kandidatur erklärt hat. Die drei möglichen Bewerber Merz, Gesundheitsminister Jens Spahn und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet haben sich noch nicht aus der Deckung gewagt. Bei manchem Christdemokraten war daher zuletzt die vorsichtige Hoffnung aufgekommen, das Trio könnte sich hinter den Kulissen auf ein Team einigen.