Diplomatie

Schallenberg reist in den Iran: "Atomabkommen erhalten"

Außenminister Alexander Schallenberg reist in den Iran
Außenminister Alexander Schallenberg reist in den IranREUTERS
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Österreichs Außenminister trifft am Sonntag in Teheran den iranischen Präsidenten Rouhani und dessen Außenminister Zarif. Seine Reise unterstützt die EU-Vermittlungsversuche im Streit mit den USA.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) trifft am Sonntag im Iran mit Präsident Hassan Rouhani und Außenminister Mohammad Javad Zarif zusammen. Die Reise erfolgt im Zusammenhang mit Versuchen der EU, im Atomstreit zwischen den USA und der Islamischen Republik zu vermitteln. "Wenn die Parteien nicht zum Verhandlungstisch kommen, bringen wir den Verhandlungstisch zu ihnen", so Schallenberg.

"Mit meiner Reise in den Iran unterstütze ich die Bemühungen der EU", ließ der Minister im Vorfeld wissen. Zuletzt hatte sich - auch auf Anregung Österreichs - der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell als Vermittler versucht. Er traf sich Anfang Februar mit der iranischen Führung in Teheran, um in dem Streit zu schlichten. Dabei kritisierte Präsident Rouhani auch die europäische Politik im Atomstreit. "Wir hatten ja unseren Teil der Verpflichtungen im Atomabkommen erfüllt, die Gegenseite jedoch leider nicht."

Der Konflikt mit dem Iran spitzte sich Anfang des Jahres mit der Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch die USA zu. Schallenberg hatte schon damals zu "Dialog und Deeskalation" aufgerufen und "eine Lösung am Verhandlungstisch" eingefordert. Die aktuelle politische Situation sei "hochexplosiv", hielt das Außenministerium am Donnerstagabend fest.

„Besondere Verantwortung"

Die USA hatten unter US-Präsident Donald Trump das 2015 in Wien abgeschlossene Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt. Das Atomabkommen hätte der Islamischen Republik ein ziviles Atomprogramm ermöglicht, aber eine atomare Bewaffnung unmöglich machen sollen. Im Gegenzug sollten Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden. Trump ordnete im Mai 2018 aber einen einseitigen Ausstieg der USA aus dem Abkommen an und ließ den Iran wieder mit harten Sanktionen belegen.

Dennoch hielt sich Teheran ein weiteres Jahr an die Vereinbarung. Zuletzt hat sich der Iran aber schrittweise von Auflagen des Atomdeals entfernt, unter anderem bezüglich der vereinbarten Obergrenze bei der Urananreicherung. Ende Jänner belegte das US-Finanzministerium auch die iranische Atomenergieorganisation und deren Chef Ali Akbar Salehi direkt mit Sanktionen. Der Grund dafür sei "kontinuierliche nukleare Eskalation des Iran". Die US-Regierung verdächtigt den Iran, den Bau von Atombomben anzustreben. Teheran bestreitet das.

"Gerade weil das Abkommen in Wien geschlossen wurde, trifft uns eine besondere Verantwortung, hier aktiv zu sein", unterstrich Schallenberg die Motivation seiner Reise nach Teheran, wo er während seins Aufenthalts am Samstag und Sonntag auch Gespräche mit dem Parlamentspräsidenten Ali Larijani und dem Leiter des Iranischen Menschenrechtsrates, Ali Bagheri Kani, führen wird. Es gelte, "das Wiener Atomabkommen zu erhalten". Das könne aber nicht ohne den Iran gelingen. "Österreich anerkennt, dass der Iran bis dato mit der IAEO kooperiert", hielt Schallenberg fest.

Aber: "Die jüngsten Schritte des Iran in Richtung eines 'less for less' geben Anlass zur Sorge." Ein völliger Rückzug des Iran aus dem Abkommen brächte "unabsehbare Risiken für Europa und für Österreich durch nukleares Wettrüsten in der Region", warnte der Außenminister. "Europa ist gefordert, dem Iran zu zeigen, dass es trotz US-Sanktionen weiterhin zu seiner Seite des Deals steht und mit dem Iran kooperiert."

Schallenberg hatte das Thema auch bei seinem USA-Besuch Anfang des Monats mit dem US-Außenminister Mike Pompeo angesprochen. Zudem gab es seinem Büro zufolge auch Kontakte mit weiteren Amtskollegen (u.a. aus dem Nahen Osten). Mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas wird er die Causa am heutigen Mittwoch in Berlin erörtern. Deutschland gehört neben den fünf UNO-Vetomächten (USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich) zu jenen Staaten, die 2015 das Nuklearabkommen (englisch: Joint Comprehensive Plan of Action/JCPOA) abgeschlossen hatten, das später von US-Präsident Donald Trump aufgekündigt wurde.

„Völlig falsches Bild"

Dem Politologen Hessam Habibi zufolge schätzen die USA den Iran aber fehlerhaft ein. "Es gibt keine richtige Analyse der iranischen Bevölkerung", sagte er Ende Jänner im APA-Interview in Wien. Besonders rechte Medien wie Fox News vermittelten ein "völlig falsches Bild". Dies treffe auch auf die Sichtweise der Proteste und Demonstrationen in der jüngeren Zeit im Iran zu. Laut dem iranischstämmigen Politologen des Wiener Vereins "ScienceCenter-Netzwerk" glauben die USA, dass die Iraner für einen Regimewechsel bereit seien.

"Die Amerikaner und Trump begreifen aber nicht, dass der Iran ein postrevolutionärer Staat ist, den man nicht wie einen Kunden behandeln kann: Man kann ihn nicht mit irgendwelchen Tauschgeschäften lenken", gab er zu bedenken. Eskalationen nutzten lediglich Hardlinern und Extremisten, die liberale Proteste zugunsten der beschworenen nationalen Gemeinschaft wegwischten. "Das hat sich bereits im Krieg mit dem Irak gezeigt. Die politische Elite rückte zusammen, wodurch sich die Hardliner noch besser etablieren konnten", hielt er fest. Die Reise Schallenbergs erfolgt einen Tag nach den Parlamentswahlen im Iran, bei dem eine Schwächung der reformorientierten Kräfte erwartet wird. Nicht zuletzt deshalb, weil der für die Wahlen zuständige iranische Wächterrat zahlreiche Kandidaten aus dem Lager von Kandidaturen ausgeschlossen hat.

(APA)

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