27.000 Menschen in Österreich ohne Krankenversicherung

Stanislav Kogiku
  • Drucken

Die Gründe dafür, nicht versichert zu sein, sind vielfältig. Betroffenen kann eine Behandlung beim Arzt verwehrt werden.

Während die neu zusammengelegte Gesundheitskasse mit einer satten Minus-Prognose für Diskussionen sorgt, ist das Thema Krankenversicherung für viele in Österreich viel prekärer: Denn 27.000 Menschen sind gar nicht krankenversichert.

Der im Vergleich zu 8,673 Millionen abgesicherten Personen recht kleine Zahl würden aber täglich erschütternde Situationen gegenüberstehen, hieß es bei der einer Pressekonferenz von AmberMed. Die Wiener Initiative, eine Kooperation der Diakonie mit dem Roten Kreuz, bietet medizinische Hilfe für Nicht-Versicherte an.

„Lücken im System"

In einer Studie erhob die Österreichische Sozialversicherung im Jahr 2018 die Situation Nichtversicherter in Österreicher, sowie die Gründe dafür: Bei österreichischen Staatsbürgern hängt die fehlende Versicherung in der Regel mit außergewöhnlichen Statusübergängen, fehlenden persönlichen Ressourcen, mangelnder Information und zum Teil auch gewissen „Lücken im System“ zusammen. Etwa dann, wenn ein Auslandsösterreicher nach längerer Zeit wieder zurückkehrt. Oder wenn darauf gewartet wird, dass eine Leistung, etwa die Mindestsicherung, zuerkannt wird.  

Bei EU-Bürgern und anderen Migranten ohne Versicherungsschutz handelt es sich in der Regel um nicht erwerbstätige Personen, die noch nicht fünf Jahre in Österreich leben oder noch keinen Daueraufenthalt nachweisen können. Damit haben sie noch keinen Anspruch auf Mindestsicherung oder AMS-Leistungen, die im Normalfall auch eine Krankenversicherung beinhalten.

Bei Asylwerbern, die grundsätzlich in der Bundesbetreuung krankenversichert sind, liegt der Grund für die Nicht-Versicherung zumeist in einem Wechsel des Wohnortes ohne Antrag, wodurch die Grundversorgung verloren geht.

Behandlung kann verwehrt werden

Wenn kein akuter Bedarf an einer Behandlung besteht, kann einem Nicht-Versicherten eine medizinische Versorgung durch den behandelnden Arzt verwehrt werden, sofern nicht der „Selbstzahler-Tarif“ bezahlt wird. Dieser macht etwa bei einer „Sozialgeburt“ in einem Spital für Nichtversicherte 900 Euro aus.

Ist es ein Notfall, besteht eine Verpflichtung zur Versorgung von Patienten. Auch Personen ohne Aufenthaltstitel haben prinzipiell auch Anspruch auf diese. Dies sei aber laut Erhebung der Sozialversicherung „meist nicht konfliktfrei“. So kommt es mitunter vor, dass Wiener Krankenhäuser  Anmeldung für beispielsweise eine Entbindung ablehnen, schilderte die Gynäkologin und ärztliche Leiterin bei AmerMed, Monika Martal.

Kinder von Eltern abhängig

AmberMed hat ambulant mit ehrenamtlichen Mitarbeitern im vergangenen Jahr 8279 Behandlungen für 3312 nicht Krankenversicherte gewährleistet. 485 der Betreuten waren unter 18 Jahre alt, knapp 200 unter sechs Jahre. Hier schlage die Armut der Eltern direkt auf die Kinder durch, heißt es bei der Organisation. Kinder sind meist mit ihren Eltern mitversichert. Wenn diese nicht versichert sind, sind es die Kinder auch nicht. 

"Die Tatsache, dass wir in einem so reichen Land wie Österreich rund 400.000 arme und armutsgefährdete Kinder haben, ist eine Schande“, sagte der stellvertretendere Diakonie-Direktor Martin Schenk. „Wir wissen, dass armutsgefährdete Kinder kränker sind und kränker werden“, betonte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres. Man müsse mehr Geld in die Hand nehmen, um auch den Ärmsten zu helfen.

Bei AmberMed arbeiten großteils ehrenamtlich tätige Ärzte. Die für das Jahr 2019 rund 260.000 Euro an Finanzmitteln kamen aus Förderungen und Spenden. Unentgeltlich erbrachter Leistungen und Sachspenden hatten einen Wert von 736.000 Euro. Dennoch benötigt AmberMed rund 130.000 Euro zusätzlich, um für seine Aufgaben entsprechend gerüstet zu sein. Derzeit können in Wien nicht einmal genügend Kapazitäten für "Sozialgeburten" in Spitälern bereitgestellt werden. Die kosten für Nichtversicherte 900 Euro. Sonst werden der Mutter laut Monika Matal Privattarife verrechnet, die bis zu 6.000 betragen können

>>> Erhebung der Österreichische Sozialversicherung

(APA/twi)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.