Die Zeugenaussagen über die geflossenen Gelder im ÖVP-Wahlkampf widersprechen sich.
Gelder der Telekom, die über den Umweg der Gesellschaft Valora
für Wahlkämpfe der ÖVP geflossen sind, standen am Mittwoch, dem 137. Tag im Grasser-Prozess, im Fokus. In der eingeschobenen Telekom-Causa wurden die 96.000 Euro für den ÖVP-Bundeswahlkampf 2008 thematisiert, die die ÖVP mittlerweile zurückgezahlt hat. Widersprechende Aussagen gab es zu 20.000 Euro für Wahlkampfkosten der Ex-ÖVP-Telekomsprecherin Karin Hakl.
Über die Gesellschaft Valora von Peter Hochegger verteilte die
Telekom Austria Gelder an Politiker, was der angeklagte
Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer als "politische
Landschaftspflege" bezeichnet. Fischer und Hochegger sind
teilgeständig, der mitangeklagte Michael F. weist alle Vorwürfe
zurück.
Zeuge hat Aktenvermerk veranlasst
Michael F. war Organisationsreferent der ÖVP und wechselte dann
zur Telekom, wo er für Public Affairs zuständig war. F. ist wegen
der beiden ÖVP-Finanzierungen mittels Telekom-Geldern via Hocheggers
Valora angeklagt, zu denen am Mittwoch Zeugen aussagten. Der erste Zeuge, Markus Keschmann, war früher Geschäftsführer der Mediaselect-Agentur. Er sagte aus, dass er einen Aktenvermerk veranlasst habe, dass Abrechnungen für den ÖVP-Jugendwahlkampf 2008 mit der Agentur White House erledigt seien. Zuvor hatte er sich beim nunmehr Angeklagten Michael F. lediglich einen Expertenrat geholt, so der Zeuge, wie er den Aktenvermerk am besten formulieren solle. Von der Valora oder Hochegger wisse er gar nichts. Der Text des Aktenvermerks, dem ein E-Mail-Verkehr des Zeugen mit F. vorherging: "Die ÖVP hat mehr Eigenleistung erbracht, so dass sich der Leistungsumfang von White House um 80.000 Euro verringert hat."
F. pochte laut E-Mails auf eine Begründung im Aktenvermerk - was der
Angeklagte heute so erklärte, dass er mögliche Streitereien mit der
Agentur vermeiden wollte.
>>> Dossier: Der Grasser-Prozess [premium]
Mit 20.000 Euro finanzierte die Valora von Hochegger den
Persönlichkeitswahlkampf 2008 der damaligen ÖVP-Telekomsprecherin
Karin Hakl - so die Aussagen von Hochegger, Rudolf Fischer und des
ÖVP-Tirol-Landesgeschäftsführers Martin Malaun. Der damalige Chef
der Agentur Headquarter, Malaun, sagte am Mittwoch im Zeugenstand aus, Hakl habe ihm dazu einen Zettel gegeben, er solle in der Agentur
Hochegger wegen der Rechnungen anrufen. Hakl habe damals gewusst,
dass ihre Wahlkampfrechnungen von der Valora bezahlt würden, so der
Zeuge.
Hakl: „Es gab keinen Persönlichkeitswahlkampf"
Dem widersprach Hakl, die als nächste Zeugin befragt wurde, ganz
entschieden: Sie habe gar keinen Persönlichkeitswahlkampf geführt,
sondern sei Spitzenkandidatin der ÖVP in Innsbruck gewesen. Die
Plakate habe der Wirtschaftsbund gezahlt und die Folder die ÖVP. Sie
habe damals zufällig Hochegger in Wien getroffen, der ihr daraufhin
angeboten habe, Druckkostenbeiträge zu leisten. Sie habe das als
einen Beitrag für die ÖVP und nicht für sie persönlich aufgefasst.
"Ich habe gedacht, Herr Hochegger ist ein Fan der ÖVP". Was genau
ein Druckkostenbeitrag sei wisse sie gar nicht und habe das nie
gewusst. Staatsanwalt Alexander Marchart hielt ihr darauf ihre
eigene Aussage aus dem Ermittlungsverfahren vor, wo sie
Druckkostenbeitrag definierte. Laut Anklage wurde die Finanzierung
von Michael F. eingefädelt - was dieser und Hakl bestreiten. Ein
Verfahren gegen Hakl wurde eingestellt.
Der Prozess geht morgen, Donnerstag, mit der Zeugenbefragung von
Ex-Infrastrukturminister Mathias Reichhold (FPÖ) weiter. Nachdem
am Dienstag eine Schöffin nicht erschienen war und daraufhin von
Richterin Marion Hohenecker ausgeschieden wurde, sind nur
mehr fünf Schöffen anwesend. Ihre Zahl blieb am Mittwoch konstant.
(APA)