Deutschland. Die politischen Ränder nähern sich an, wie die Enden von Hufeisen: Das behauptet die Extremismustheorie. Seit Thüringen steht sie schwer unter Beschuss. Zu Recht?
Das Hufeisen ist das Symbol der Stunde, zumal in Deutschland. Die längste Zeit haben sich nur Reiter für den geschmiedeten Schutz der Zehennägel von Pferden interessiert. Seit den politischen Turbulenzen in Thüringen aber dient er als Stichwort, an dem sich der rot glühende Zorn von Kommentatoren entfacht. Dabei sollten Hufeisen eigentlich Glück bringen. Unsere Ahnen hängten sie über ihren Haustoren auf, um Unheil abzuwehren. Wobei nie klar war: mit der Öffnung nach oben? Nach unten? Oder nach rechts? – so dass es als „C“ zu lesen war. Wie Christus. Oder wie CDU? Und schon sind die bösen Geister alle wieder da.
Die Christdemokraten in Erfurt weigern sich, Bodo Ramelow von der Linken wieder zum Ministerpräsidenten zu machen. Sie berufen sich auf einen Parteibeschluss, der eine Zusammenarbeit mit der AfD wie mit der Linkspartei ausschließt. Äquidistanz, gleiche Maßstäbe für Rechtsaußen und Linksaußen: Das ideelle Futter dafür lieferte – übrigens auch dem Verfassungsschutz – die einflussreiche Extremismustheorie. Ihre Gründerväter, die Politologen Eckhard Jesse und Uwe Backes, haben sie ab den 1980er-Jahren entwickelt. Sie bedienten sich dabei der sinnfälligen Metaphorik des Hufeisens: Der Bogen steht für die Mitte, die offenen Seiten für die politischen Ränder. Linkes und rechtes Extrem wirken gleich weit von der Mitte entfernt. Und sie nähern sich, je radikaler sie an den Enden werden, immer deutlicher an.