Stephanie Mohr führt Regie

„Der Sohn“: Entgleitende Kindheit

Geschichtenerzählerin. Stephanie Mohr sieht genau hin, ohne in TV-Realismus zu kippen.
Geschichtenerzählerin. Stephanie Mohr sieht genau hin, ohne in TV-Realismus zu kippen.(c) Christine Pichler
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Florian Zellers viel gelobtes Drama „Der Sohn“ kommt endlich nach Österreich – in die Kammerspiele. Regie führt Stephanie Mohr.

Er ist einer der erfolgreichsten Gegenwartsautoren: Der Franzose Florian Zeller, 40  Jahre alt, schaut mit der Lupe auf zwischenmenschliche Beziehungen. Und widmet sich Themen, die den Nerv der Zeit treffen. In „Der Vater“ – der heuer als Film in Zellers Regie beim Sundance Festival in Utah gefeiert wurde – geht es um den Umgang mit dem an Alzheimer erkrankten Patriarchen. „Die Mutter“ handelt von einer Frau, die alles für ihre Familie getan hat – nun sind die Kinder erwachsen, der Mann distanziert sich von ihr und sie muss lernen, mit der Einsamkeit zurechtzukommen. „Der Sohn“, 2018 in Paris uraufgeführt, ist der Abschluss seiner Familientrilogie. Es geht um den 17-jährigen Nicolas, dem plötzlich alles zu viel wird: Erwachsenwerden, das Abschlussjahr im Gymnasium, die Trennung der Eltern, die neue Familie des Vaters. Er schwänzt die Schule und wird aggressiv. Schließlich zieht er von der überforderten Mutter zum Vater – was die Lage aber nur kurzfristig entspannt. Zu viel möchte Stephanie Mohr, die das Stück für die Kammerspiele inszeniert, gar nicht verraten. „Ich habe ,Der Sohn‘ in London gesehen, er war dort sehr erfolgreich und wurde als bestes Stück der letzten Dekade gefeiert“, erzählt Mohr. In den Kammerspielen waren schon zwei Zeller-Stücke zu sehen: „Vater“ mit Erwin Steinhauer in der Titelrolle und „Die Kehrseite der Medaille“ (Regie: Alexandra Liedtke). Nun auch den „Sohn“ auf die Bühne zu bringen war also naheliegend und für Mohr auch wegen des Frankreich-Konnexes erfreulich. „Ich bin teilweise in Paris aufgewachsen, einen französischen Autor zu inszenieren weckt in mir Heimatgefühle. Ich habe das Stück auch in Originalsprache gelesen.“

Ist das noch normale Pubertät? Wobei das Stück ein Kammerspiel ist, das überall stattfinden könnte. „Es geht um die Entfremdung eines Teenagers. Ist das noch normale Pubertät oder geht das darüber hinaus? Und wie geht man damit um? Alle wollen das Beste für den Sohn – die Mutter, der Vater, die Stiefmutter, doch das hilft ihm nicht. Zeller schaut psychologisch genau und klug auf diese zwischenmenschlichen Beziehungen,“ sagt die Regisseurin.

»„Es gibt keine Täter und keine Opfer. Alle wollen nur das Beste.“«



Mohr will das Drama auf die Bühne bringen, ohne „in einen TV-Realismus zu kippen“. Überhaupt sieht sie sich in erster Linie als Geschichtenerzählerin, versucht, sich nicht von Modeströmungen mitreißen zu lassen. „Visuelle Effekte oder der Hang zu schnellen Szenenfolgen, das ist nicht meines.“ Das Theater müsse sich nicht anderen, schnelleren Medien anbiedern. „Das Theater steht für sich, und das Grundprinzip des Theaters wird sich auch nicht ändern. Dadurch, dass Menschen in einem Raum sind, passiert Einzigartiges, und jedes Mal passiert es anders. Bei aller Konkurrenz durch Netflix und Co. – die Leute suchen schon die Art von Unterhaltung, die das Theater bietet.“
Erleben können die Besucher etwa, wie ein ganz junger Schauspieler sein Kammerspiel-Debüt gibt. Und seine erste große Rolle an einem Theater spielt: Julian Valerio Rehrl als Nicolas, der Sohn. „Er ist ein sehr talentierter junger Schauspieler, der sehr spontan und impulsiv engagiert wurde. Er kommt direkt von der Ernst Busch Schauspielschule in Berlin.“ Besonders freut Mohr auch die Zusammenarbeit mit Marcus Bluhm als Pierre, der Vater. „Wir waren früher gemeinsam am Burgtheater. Jetzt arbeiten wir erstmals hier miteinander.“

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