Maßnahmenpaket

Zadić lädt Experten zu Hassposting-Gipfel

Clemens Fabry/Die Presse
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Einiges ist bereits ausgearbeitet, jetzt holt sich Justiministerin Alma Zadić Rat von Experten. Zu den Teilnehmern zählen unter anderem Ingrid Brodnig und die Medienanwältin Maria Windhager.

Nie zuvor war ein Mitglied der Bundesregierung einer vergleichbaren Hetzkampagne ausgesetzt, wie Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Noch vor ihrem Amtsantritt waren Postings über sie und ihren Migrationshintergrund in sozialen Medien explodiert. Nun verantwortet sie in ihrem Ministerium die Erarbeitung eines "umfassenden Maßnahmenpakets", wie sie es nennt. Dafür holt sich Zadić auch Experten, um die bereits erarbeiteten Vorschläge zu erörtern.

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Zugesagt haben laut Justizministerium bereits Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig, die Juristen Farsam Salimi und Nikolaus Forgo, die Medienanwältin Maria Windhager sowie Caroline Kerschbaumer, Geschäftsführerin von Zara.

Opfer von Hass im Netz müssen rasch und kostengünstig Zugang zum Recht erhalten.

Justizministerin Alma Zadić

Mit ihnen möchte sich die Ministerin über ein "umfassendes Maßnahmenpaket" austauschen. Dieses decke "technische Hürden im Bereich der Strafverfolgung im Netz" ebenso ab wie medienrechtliche Aspekte und auch die "Verantwortlichkeit von Betreibern von Social-Media-Accounts". Zadić sei es auch ein Anliegen, "das Kostenrisiko für Betroffene zu verringern", hieß es.

Gesamtpaket statt Einzelmaßnahmen

Zadić ist es wichtig, ein Gesamtpaket zu realisieren, anstatt Einzelmaßnahmen. Die Stoßrichtung: "Opfer von Hass im Netz müssen rasch und kostengünstig Zugang zum Recht erhalten. Für Betroffene muss es bessere Möglichkeiten geben, um auf die Ausforschung von Täter und Täterinnen hinzuwirken.“ Im Interview mit der „Presse“ erklärte sie dazu: „Die Rechtsdurchsetzung, die bisher in diesen Fällen nicht sehr erfolgreich ist, muss erleichtert werden. Es gibt viele Delikte, aber derzeit ist es ein harter Weg, bis es zu einer Anklage kommt."

Im Regierungsprogramm haben sich ÖVP und Grüne zum Thema "Hass im Netz" vorgenommen, die großen Plattformen "stärker in die Verantwortung" zu nehmen. Genannt werden dabei etwa "Löschung von rechtswidrigen Inhalten, wirksame Beschwerdeverfahren, klar definierte Verantwortliche".

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Dementsprechend steht im Raum, dass Hass im Netz zum Offizialdelikt wird. Das bedeutet, dass derartige Kommentare als strafbare Handlung gewertet werden und von Amts wegen von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden muss. Anzeigen kann ein Hassposting dann von jeder Person, die darüber Kenntnis erhält.

Unter anderem sollen Polizei und Staatsanwaltschaft jene ausforschen, die Hass im Netz verbreiten, damit die Betroffene nicht auf eine Privatklage angewiesen sind. Auch Cybermobbing soll schneller strafbar werden.


Was wurde aus dem "Digitalen Vermummungsverbot"?

Die vom damaligen Medienminister Gernot Blümel angeregte Registrierungspflicht auf Online-Plattformen ab 100.000 Nutzern oder 500.000 Euro Jahresumsatz ist unter Türkis-Grün vom Tisch. Jedoch steht die Einsetzung eines Zustellungsbevollmächtigten weiter zur Diskussion. Ein solcher Posten wurde im Zuge des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes in Deutschland verpflichtend für große internationale Unternehmen wie Facebook, Twitter und Google vorgeschrieben. Da sonst nur schwer auf Anfragen auf Herausgabe von Nutzerinformationen reagiert wurde.

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Das Gesetz ist seit Inkrafttreten im Oktober 2017 umstritten. Der erhoffte Rückgang von Hasskommentaren blieb aus. Nun will Deutschland das Gesetz verschärfen. In bestimmten Fällen müssten große Plattformen wie Facebook oder Twitter beanstandete Inhalte nicht nur löschen, sondern sie auch an das Bundeskriminalamt (BKA) melden, inklusive IP-Adressen, Portnummern und sogar Passwörtern derjenigen.

Klar ist, dass wir diese Modelle nicht eins zu eins übernehmen wollen

Medienbeauftragter Gerald Fleischmann

Inmitten dieser angekündigten Änderungen sorgte ein Gespräch zwischen dem Medienbeauftragten von ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz, Gerald Fleischmann, mit dem deutschen Justizstaatssekretär zum deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz für mediale Aufregung. Die Grünen zeigten sich besorgt, dass das deutsche Modell kopiert werden könnte.

Aus Fleischmanns Büro hieß es, dass davon nicht die Rede sein könnte. Für die im Koalitionspakt genannten Punkte Beschwerdeverfahren und Löschverpflichtung gebe es internationale Beispiele, eben auch Deutschland. "Klar ist, dass wir diese Modelle nicht eins zu eins übernehmen wollen", wurde betont. Und diese beiden konkreten Aspekte ressortierten zwar im Kanzleramt, die zu findende "österreichische Lösung" werde aber in das Gesamtpaket der Justizministerium "einfließen".

(bagre)


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