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Attentäter von Hanau war deutschen Behörden offenbar bekannt

Einer der Tatorte in Hanau
Einer der Tatorte in HanauAPA/AFP/THOMAS LOHNES
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Im November 2019 erstattete der spätere Attentäter von Hanau Strafanzeige gegen eine "unbekannte geheimdienstliche Organisation", von der er sich verfolgt fühlte. Das Schreiben an den Generalbundesanwalt in Karlsruhe gleicht seinem späteren Terrormanifest.

Der Attentäter von Hanau, Tobias R., erstattete am 6. November 2019 in einem Brief an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe „Strafanzeige gegen eine unbekannte geheimdienstliche Organisation“ , von der er sich verfolgt fühlte. Das Dokument, das der „Presse“ vorliegt, deckt sich inhaltlich über weite Strecken mit dem Manifest, das der 43-jährige Deutsche nach seinem Blutbad hinterließ. Es ist ein wildes Gemisch aus Wahn- und Größenvorstellungen. Die ausländerfeindlichen Passagen sind in der Anzeige jedoch deutlich abgemildert, die rassistischen Vernichtungsfantasien bleiben in diesem Text noch unerwähnt.

Der spätere Mörder schickte das Schreiben auch einem österreichischen Intuitionstrainer aus Ternitz in einem Mail als  Anhang. „Mir war von Anfang an klar, dass die Person nicht ganz dicht ist. Daher habe ich versucht, sämtlichen Kontakt zu meiden“, erklärte der Niederösterreicher im Gespräch mit der „Presse“. Er erhielt insgesamt vier Mails von dem späteren Mörder. Im ersten schrieb er lediglich: „Hallo, ich habe von einem Privatdetektiv in Deutschland die Empfehlung erhalten mich mit meinem Anliegen an Sie zu wenden. Bitte melden Sie sich telefonisch oder per E-Mail! Hinweis: Meine Mobilnummer ist logischerweise eine deutsche Rufnummer und die entsprechende Vorwahl nach Deutschland muss gewählt werden.“ Im vierten Mail behauptet Tobias R., nach seiner Strafanzeige gehackt worden zu sein.

Ein Sprecher des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe erklärte gegenüber der „Presse“, dass derzeit überprüft werde, ob die Anzeige des späteren Attentäters tatsächlich im November 2019 einging.

In seinem Abschiedsmanifest, das in der Wohnung des Attentäters gefunden wurde, ist der niederösterreichische Intuitionstrainer namentlich erwähnt.

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