Korruptionsprozess

Grasser-Prozess: Valora-Gesellschaft zahlte an Ex-FPÖ-Minister und Ex-SPÖ-Politiker

APA/Roland Schlager
  • Drucken

Am 138. Prozesstag wurde das angebliche 72.000-Euro-„Dankeschön“ für Ex-Verkehrminister Matthias Reichhold thematisiert. Kommende Woche ist Fiona Pacifico Griffini-Grasser geladen.

Der 138. Tag im Grasser-Prozess wurde am Donnerstag mit Ex-Verkehrsminister Mathias Reichhold (FPÖ) im Zeugenstand gestartet. Er hat im Dezember 2005 von dem angeklagten Lobbyisten Peter Hochegger über dessen Gesellschaft Valora 72.000 Euro erhalten. Als Gegenleistung will er dafür Beraterleistungen im Zusammenhang mit der EU-Präsidentschaft Österreich für den Hochegger-Kunden Telekom Austria erbracht haben.

>> Dossier: Der Grasser-Prozess [premium]

Hochegger hat im Prozess ausgesagt, er sei davon ausgegangen, dass Reichhold Leistungen erbracht habe - allerdings widersprach ihm dabei der mitangeklagte Ex-Telekommanager Rudolf Fischer. Dieser sah die 72.000 Euro als ein "Dankeschön" für Reichholds Zeit als Minister an.

Reichhold begründete heute, Donnerstag, im Wiener Straflandesgericht diesen Widerspruch damit, dass er mit Fischer kaum Kontakt gehabt habe, seine Kontaktperson sei Hochegger gewesen. Fischer wiederholte daraufhin heute seine frühere Aussage, dass er die Zahlung an Reichhold als "Dankeschön" betrachtet habe. Reichhold war von Februar 2002 bis Februar 2003 Verkehrsminister und kurzzeitig FPÖ-Bundesparteiobmann.

Reichhold will „Gespräche geführt“ haben

Oberstaatsanwalt Alexander Marchart wollte von Reichhold danach wissen, welche Leistungen er damals für die Telekom erbracht habe. Er habe "Gespräche geführt", so der Ex-Minister. Aufzeichnungen habe er keine mehr darüber und an Details könne er nach so langer Zeit nicht mehr erinnern, betonte er. Die Geschäftsvereinbarung mit Hochegger erfolgte mündlich, die 72.000 Euro brutto wurden laut Rechnung für eine zweimonatige Tätigkeit verrechnet.

Konkret legte Reichhold im Dezember 2005 eine Rechnung an die Valora, in der er für Beratungsleistungen bei der EU-Präsidentschaft für 50 Tage à 1200 Euro im November und Dezember 2005 insgesamt 60.000 Euro plus 12.000 Euro Mehrwertsteuer verrechnete. Er habe mit vielen Leuten "aus Politik und Wirtschaft" gesprochen, jeden Abend sei er zu Veranstaltungen gegangen. Auf Nachfrage von Staatsanwalt Alexander Marchart konnte Reichhold keinen einzigen Gesprächspartner, bei denen er für die Telekom-Interessen lobbyiert habe, namentlich nennen. Das Ganze sei schon 15 Jahre her, er könne sich nicht mehr genau erinnern, so Reichhold.

„Hauptberuflich Berater, nebenberuflich Abgeordneter“ 

Nach rund einer halben Stunde war die Befragung von Reichhold vorbei, als nächster Zeuge trat Kurt Gartlehner vor Richterin Marion Hohenecker. Dieser war Telekomsprecher der SPÖ und erhielt in der Zeit von Mai 2007 bis März 2009 ebenfalls Zahlungen über die Valora. Monatlich kassierte er 3000 Euro für seine Firma Austriaconsult. Er sei damals hauptberuflich Unternehmensberater gewesen - und nebenberuflich Nationalratsabgeordneter, so der Ex-Politiker auf Nachfrage der Richterin.

Auch er hatte, wie Reichhold, nur eine mündliche Vereinbarung mit Hochegger. Unter anderem will er für ein Windparkprojekt in Rumänien sowie für eine Lebensmittelfirma Tipps an Hochegger gegeben haben. Welchen Geschäftszweck die Valora gehabt habe, über die er bezahlt wurde, habe er nicht hinterfragt. Hochegger habe ihm einmal extra 20.000 Euro gezahlt, weil er in Rumänien ein Projekt realisiert habe, so der Ex-SPÖ-Abgeordnete. Insgesamt erhielt Gartlehner von der Valora rund 100.000 Euro.

„Interessen der Telekom im parlamentarischen Prozess vertreten“

Richterin Hohenecker verwies den Zeugen darauf hin, dass Hochegger selber sage, die Zahlungen an Gartlehner hätten nichts zu tun mit Windparkprojekten. Er sei ein "Sprachrohr" für die Telekom gewesen und habe über die Meinung in der Regierung berichtet. "Das will ich jetzt nicht kommentieren", so Gartlehner. Er habe sicher nicht für die Telekom-Agenden lobbyiert, so der Ex-SPÖ-Abgeordnete. Im Gegenteil habe er einmal einen Vorschlag gemacht zum Thema der Beamten bei der Telekom, der dem Unternehmen gar nicht gefallen habe.

Hochegger meldete sich nach Gartlehners Zeugenaussage zu Wort: Dieser habe wohl etwas "verwechselt", denn für Windkraftprojekte habe er eine eigene Firma mit Experten gehabt, die Valora Energy. Dafür hätte man Gartlehner gar nicht gebraucht. Auch der mitangeklagte Ex-Telekom-Vorstand Fischer widersprach Gartlehner: Hochegger habe ihm damals vorgeschlagen, Gartlehner auf die "Payroll" der Telekom zu nehmen, "um die Interessen der Telekom im parlamentarischen Prozess besser vertreten zu können". Da er Hochegger voll vertraut habe, habe er dem natürlich zugestimmt. Selber habe er keinen Kontakt zu Gartlehner gehabt. Als Interessen der Telekom, die Gartlehner vertreten sollte, nannte er etwa die Bestellung des Telekom-Regulators und das IKT-Thema.

Valora spendete auch an Echo Medienhaus

Gegen Reichhold und Gartlehner war ermittelt worden, die Ermittlungen wurden gegen beide eingestellt.

Dritter Zeuge am  war der Echo-Medienhaus-Geschäftsführer Christian Pöttler. Er habe 2006 an Hochegger eine bereits bestehende Studie über Gratiszeitungen verkauft und dafür 20.000 Euro erhalten, die Rechnung habe er auf Wunsch der Agentur Hochegger an die Valora-Gesellschaft geschickt. Eine Parteispende an die SPÖ, wie von Hochegger und Fischer angegeben, sei das nicht gewesen, so der Zeuge. Der Echo-Verlag sei zwar SPÖ-nahe gewesen, aber wenn man der SPÖ Geld spenden hätte wollen, dann hätte man das ja direkt tun können.

Letzter Zeuge am Donnerstag war der Unternehmer Ali R., der Netzwerktreffen von Leuten aus Politik, Wirtschaft, Medien und Kultur organisierte. Er habe Hochegger einmal gefragt, ob er nicht für die SPÖ spenden wolle, dieser habe das nach einer Bedenkzeit zugesagt. Wer wem wie viel gespendet habe, wisse er nicht. Hochegger habe auch einmal die Kosten für das Buffet bei seiner Veranstaltung übernommen.

Am Mittwoch kommen Swarovskis

Der ebenfalls für Donnerstag geladene Zeuge Werner Amon, früherer langjähriger ÖVP-Abgeordneter und jetzt Volksanwalt, der zu Zahlungen der Valora an den ÖAAB und den Wiener Pressverein im Jahr 2007 befragt werden sollte, hat sich entschuldigt.

Kommenden Mittwoch, dem 139. Verhandlungstag, geht der Grasser-Prozess im Wiener Straflandesgericht wieder mit der Causa Buwog und Linzer Terminal Tower weiter. Zur Causa Buwog sind am Donnerstag Grassers Ehefrau, Fiona Pacifico Griffini-Grasser, und seine Schwiegermutter, Marina Giori-Lhota, beide Mitglieder der Swarovski-Familie, als Zeuginnen geladen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Grasser-Prozess: Richterin Hohenecker
Telekom

Grasser-Prozess: Gelder für ÖVP-Wahlkämpfe im Fokus

Die Zeugenaussagen über die geflossenen Gelder im ÖVP-Wahlkampf widersprechen sich.
Richterin Marion Hohenecker.
Prozess

Zahl der Schöffen schrumpfte auf fünf im Grasser-Prozess

Nicht nur die Schöffenbank hat sich heute etwas gelichtet, auch die Reihen der Angeklagten blieben großteils leer - allerdings geplant.
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Gericht

Immer weniger Laienrichter für Grasser

400 Euro Strafe muss eine Laienrichterin zahlen, die am 136. Verhandlungstag nicht kam.
BUWOG GRASSER PROZESS: HOHENECKER
Korruptionsprozess

Schöffin im Grasser-Prozess ausgeschieden

Die Hauptschöffin hatte keinen gesetzlich zulässigen Entschuldigungsgrund angegeben. Statt zwölf Schöffen sind es nunmehr nur noch fünf.
BUWOG GRASSER PROZESS: GRASSER / AINEDTER / MEISCHBERGER
Korruptionsprozess

Grasser-Prozess diese Woche mit Ex-Politikern

Der 136. Verhandlungstag im Korruptionsprozess steht an: Themen sind die „schwarzen Kassen“ der Telekom Austria. Aussagen sollen diese Woche zudem Ex-FPÖ-Minister Reichhold und die Ex-ÖVP-Abgeordnete Hakl.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.