"Hunters"

Serie um Nazi-Jäger als "Einladung an künftige (Holocaust-)Leugner"

"You know what the best revenge is? Revenge." Das sagt die zentrale Figur Meyer Offerman (Al Pacino) zu dem jungen, von Zweifeln geplagten Helden Jonah (Logan Lerman).
"You know what the best revenge is? Revenge." Das sagt die zentrale Figur Meyer Offerman (Al Pacino) zu dem jungen, von Zweifeln geplagten Helden Jonah (Logan Lerman).(c) Amazon
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War Auschwitz nicht schlimm genug, muss man wirklich noch etwas dazu erfinden? Die Macher der neuen, groß beworbenen Amazon-Serie „Hunters“ mit Al Pacino waren offenbar dieser Meinung.

Die KZ-Insassen stehen, zitternd, mit angstvoll geweiteten Augen auf einer Wiese. Unter ihren Füßen behelfsmäßig dunkle und helle Felder, die Menschen in den gestreiften Uniformen sind Figuren auf einem überdimensionierten Schachbrett. Die Spieler: Ein Lagerkommandant auf der einen, ein jüdischer Häftling auf der anderen Seite. Jedes Mal, wenn eine Figur geschlagen wird, muss ein Häftling ein kleines Messer zücken und einen anderen damit massakrieren. Links und rechts häufen sich die Leichen. 

Es ist nicht die einzige problematische Szene in der am Freitag gestarteten Amazon-Serie "Hunters", die von einer Gruppe von Nazi-Jägern in den 70er Jahren in den USA handelt. Aber es ist die Szene, an der die Kritik sich entzündete. Für die Gedenkstätte Auschwitz ist die Darstellung des Schachspiels "nicht nur eine gefährliche Torheit und Karikatur, sie ist auch eine Einladung an künftige (Holocaust-)Leugner“. So schrieb das Auschwitz Memorial am Sonntag. Auschwitz sei voll von entsetzlichem Schmerz und Leid gewesen, dies werde durch die Berichte von Überlebenden dokumentiert. "Wir ehren die Opfer, indem wir bei den Fakten präzise bleiben", so die Gedenkstätte.

Beim Sehen der Szene, bei dieser überplakativen Darstellung des ultimativen Grauens in einer ansonsten comichaft bunten Serie, fragt man sich: Was soll das? War Auschwitz, so wie es war, nicht Horror genug? Warum mischt Serienschöpfer und Autor David Weil historische Wahrheit und übersteigerten Horror? Die Absicht dürfte ein Argumentieren für die Selbstjustiz in der Serie sein: Je schlimmer die Verbrecher, desto besser lässt sich deren Mord ethisch rechtfertigen. Die „FAZ“ schreibt: „Das Kalkül aber geht nicht auf: Man fühlt sich vielmehr in einen würdelosen Überbietungswettbewerb hineingezogen.“

"Hunters" weist vor jeder Folge explizit daraufhin, dass sie von tatsächlichen Ereignissen inspiriert ist. Und mischt Historisches wie die "Operation Paperclip" in die Handlung (US-Geheimdienste holten nach dem Zweiten Weltkrieg hunderte deutsche Wissenschaftler und Ingenieure, oft Nazifunktionäre, für die Raumfahrtforschung ins Land). Es gibt, abgesehen vom Schachspiel, noch weitere Szenen, in denen die Grausamkeiten der Nazis grell ausgeleuchtet und noch weiter zugespitzt werden. So ist der erfundene Lagerarzt Oskar Hauptman nicht nur noch schlimmer als  Josef Mengele. Nein, er ist "so sadistisch, dass sogar Mengele erzitterte".

David Weil verteidigte übrigens in einer Stellungnahme seine Serie, die "keine Dokumentation" sei. Die Schach-Szene sei ihm wichtig gewesen, weil sie einer "Weißwaschung der Nazis" entgegenwirke, "indem sie die extremste Ausprägung des Sadismus und der Gewalt darstelle, die von den Nazis an Juden und anderen Opfern verübt wurde".

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