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Nazi-Jäger und „Kampflesben“: So gut sind die neuen Serien

Al Pacino spielt in „Hunters“ einen ehemaligen Auschwitz-Häftling.
Al Pacino spielt in „Hunters“ einen ehemaligen Auschwitz-Häftling. (c) Amazon
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Lang haben wir gewartet, endlich hat einer der gängigen Streamingdienste „A Handmaid's Tale“ gratis im Angebot. Außerdem: Neue Mystery-Serien, eine blutige Mission und schwarze Comedy.

Hunters

Al Pacinos brutale Nazi-Jäger
Zu sehen auf Amazon

Brooklyn, 1977. Eine liebe alte Dame, die gerade noch Hühnersuppe für ihren Enkel (Logan Lerman) gekocht hat, wird ermordet. Der Täter: ein alter Nazi, dem sie auf der Spur war. Die Dame stand im Zentrum einer Jägertruppe, die Täter des Holocaust hinrichtet. Und es gibt viel zu tun für sie: In „Hunters“ wollen Nazis ein Viertes Reich errichten, sie haben die Politik infiltriert. Und agieren monströs. Da erschießt etwa ein gut gelifteter Deutscher, der sich in der US-Gesellschaft hochintrigiert hat, bei einer Pool-Party seine Familie und grillt danach weiter.

Gegen Bestien wie ihn tritt eine kleine, kunterbunte, comichaft präsentierte Gruppe um Meyer Offerman (Al Pacino) an. Die Generation der Überlebenden gehört ebenso dazu wie eine britische Agentin im Nonnen-Outfit, eine Black-Panther-Aktivistin und ein eitler Schauspieler. Rückblicke in die NS-Zeit, nach Auschwitz, sollen maximal schockieren: Nazis spielen mit Juden als Figuren Schach, sie müssen sich gegenseitig massakrieren. Das Böse wird grell ausgeleuchtet. „Hunters“ erinnert an Tarantinos „Inglourious Basterds“, doch die Rache bringt keine Erlösung, die Botschaft zum Thema Selbstjustiz bleibt unklar. Aber die von Jordan Peele produzierte Serie ist zumindest gut gespielt. (rovi)

Work in Progress

Depressions-Comedy
Zu sehen auf Sky

Der 45-jährigen Abby, erklärte Kampflesbe, reicht es. Der Job. Die (mangelnde) Liebe. Das öde, öde Leben. Gerade eben hat sie ihrer Therapeutin erklärt, dass sie sich noch 181 Tage gibt, wenn bis dann das Glück nicht endlich an die Tür klopft, bringe sie sich um – da segnet die Therapeutin das Zeitliche. Sitzt einfach da mit aufgerissenen Augen und ist tot. Der Tag wird dann nicht besser, die hübsche, schlanke Schwester wird im Café von der Kellnerin angeflirtet, dabei interessiert sie sich doch gar nicht für Frauen. Und ihre Freunde finden die Geschichte mit der Therapeutin vor allem komisch. Hört denn irgendeiner zu? Abby McEnany hat sich die Serie selbst auf den Leib geschrieben und kombiniert raffiniert Groteskes mit präzisen, nicht minder komischen Alltagsbeobachtungen. (best)

Ragnarök

Cooler Genremix aus Norwegen
Zu sehen auf Netflix

Magne ist ein seltsamer Junge mit Brille und schwerer Legasthenie, der mit seiner Familie nach Edda übersiedelt. Das norwegische Städtchen heißt nicht zufällig nach den skandinavischen Götter- und Heldensagen aus dem 13. Jahrhundert. Denn kaum ist Magne dort, hört er Stimmen in altnordischer Sprache, entdeckt an sich übernatürliche Kräfte und macht sich Feinde – Mitglieder eines mysteriösen Familienclans, der mit seinen Fabriken das Wasser und die Fische im Fjord vergiftet. „Ragnarök“ ist die altnordische Sage vom Kampf der Riesen gegen die Götter. „Borgen“-Macher Adam Price macht daraus einen Genremix aus Coming-of-Age- und Umweltdrama, Fantasy und Heldenepos. Eine wilde Mischung, die überraschend gut funktioniert. (i. w.)

The Handmaid's Tale

Herausragende Dystopie, 2 Staffeln
Zu sehen auf Amazon

Vor zwei Jahren räumte die Serie bei den großen US-Fernsehpreisen ab, seit Anfang Februar sind die ersten beiden (von insgesamt drei) Staffeln nun auf Amazon Prime ohne Zusatzkosten abrufbar. Elisabeth Moss spielt June/Offred, die in einer Theokratie als Gebärmaschine für eine mächtige Familie dienen soll. Durch Rückblenden erfährt man, wie der moderne Staat von christlichen Fundamentalisten übernommen wurde. Umweltverschmutzung und eine hohe Unfruchtbarkeitsquote haben den Umsturz befeuert. Die Serie, basierend auf dem Roman von Margaret Atwood, ist so herausragend wie beklemmend. (her)

I Am Not Okay with this

Übersinnliche Coming-of-age-Story
Zu sehen auf Netflix

Sie könnte von ihren seltsamen neuen Superkräften erzählen (oder sind es Wahnvorstellungen?), als der schräge Nachbarsbub Stan sie bei einem Joint nach ihrem größten Geheimnis fragt. Stattdessen grinst Sydney ihn nur an: „Ich habe Pickel am Oberschenkel.“ Die Pubertät überfordert – auch ohne die erschwerenden Umstände telekinetischer Fähigkeiten. „I Am Not Okay with this“ heißt eine neue Netflix-Serie (ab 26. 2.), in der die sarkastische 17-jährige Syd, deren Vater sich umgebracht hat, worüber ihre Mutter nicht sprechen will, erkennt, dass ihre Gefühlsausbrüche Nasen zum Bluten und Supermarktregale zum Einsturz bringen können. Als hätte sie nicht genug Sorgen als psychisch angeschlagene Außenseiterin, die in ihre beste Freundin verliebt ist.

Der Brite Jonathan Entwistle hat die Serie basierend auf einer Graphic Novel von Charles Forsman entwickelt – wie schon davor den wilden Teenager-Roadtrip „The End of the F***ing World“ (2017). Wieder wird mit dunklem Humor auf die Nöte von Heranwachsenden geblickt, dazu kommt eine Portion Melancholie – und mit Brownsville, Pennsylvania das wohl deprimierendste Kaff, in dem man eine Coming-of-Age-Serie ansiedeln kann. (kanu)

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