Mein Freitag

Wir sind die Narzissen im Norden des Faschings

Er wollte alles richtig machen und schenkte seiner Freundin zum Valentinstag Blumen. Dieser Tag ist ja voller Fallstricke, ähnlich wie das Abholen des Partners vom Flughafen.

Was als nette Geste beginnt, kann zum Gradmesser des Bemühens umeinander werden, wenn es dann einmal nicht stattfindet. Entweder also gar nicht damit anfangen oder konsequent dranbleiben.

Er brachte also Blumen, sie freute sich und steckte sie in eine Vase, und in der Nacht brachten die Narzissen die Tulpen um. Was für ein Anblick, erzählte sie, die Narzissen reckten stolz ihren gelben Kopf in die Höhe, während die Tulpen kollabiert waren. Eine Internetsuche später war klar, warum. Narzissen sondern einen schleimigen Saft ab, der die Leitungsbahnen der Tulpen verstopft, was sie sofort verwelken lässt. Die können also nicht miteinander, nie, und wer Freude an beiden haben will, muss auf Distanz achten.

Unverträglichkeiten zwischen Pflanzen, Gemüse- und Obstsorten sind nicht ungewöhnlich, in der Natur richten sie es sich selbst, und sonst muss eben der Mensch für gute Nachbarschaft sorgen. Äpfel sollen etwa immer separat gelagert werden, sie lassen andere Früchte wegen des Pflanzenhormons Ethylen rascher reifen. Was wiederum von Vorteil ist, wenn steinharten Avocados ein bisschen auf die Sprünge geholfen werden soll. Auch Zwiebeln und Kartoffeln tun einander nicht gut, erstere faulen, weil sie die Feuchtigkeit der Knollen aufnehmen. Wer es also ernst meint mit einem harmonischen Miteinander, braucht genug Platz für alle Beteiligten.

Ebenso wenig kompatibel sind in diesen Tagen Menschen aus Bundesländern mit unterschiedlichen Faschingstraditionen. Wer etwa in Graz aufgewachsen ist, leidet in Wien oder Niederösterreich am Faschingsdienstag Phantomschmerzen. Wir hier in „Nordösterreich“, wie die südlichen Faschingsnarren zu uns sagen, können das nicht, das Verkleiden, die Umzüge, das Lockerlassen. Wir sind in dem Fall die Narzissen, leider.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2020)

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