US-Vorwahl

Alle gegen Michael Bloomberg

Milliardär hat's bei linken Demokraten schwer: Bloomberg (l.) musste Attacken von Warren (M.) und Sanders parieren.
Milliardär hat's bei linken Demokraten schwer: Bloomberg (l.) musste Attacken von Warren (M.) und Sanders parieren.(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/MARIO TAMA (MARIO TAMA)
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In einer TV-Debatte griffen die US-Demokraten den Multimilliardär frontal an. Sanders geht als Favorit in die Vorwahl in Nevada, Bloomberg setzt auf den „Super Tuesday“.

Las Vegas/New York. Die Kandidaten hatten gerade erst die Bühne des Paris Theatre direkt am weltberühmten Strip von Las Vegas betreten, da setzte Elizabeth Warren schon zur ersten Verbalattacke an. Michael Bloomberg sei ein „Milliardär, der Frauen fette Tussis und pferdegesichtige Lesben nennt“, tat die Senatorin aus Massachusetts kund. Damit waren die Samthandschuhe auch gleich ausgezogen. Es folgte eine zweistündige TV-Debatte, in der sich sechs Demokraten, die ins Weiße Haus einziehen wollen, mehrfach gegenseitig frontal angriffen.

Nach den Abstimmungen in Iowa und New Hampshire geht der Vorwahlkampf in den USA in die entscheidende Phase. Noch nie zuvor hatten derart viele Bewerber so realistische Chancen, sich die Nominierung ihrer Partei zu holen und am 3. November gegen Donald Trump anzutreten.

Letzte Chance für Joe Biden

Dabei rückt Bloomberg immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Stetig legt New Yorks früherer Bürgermeister in Umfragen zu, in Las Vegas qualifizierte er sich erstmals für eine TV-Konfrontation. Und sie zeigte offen, wie groß die Anspannung unter den Kandidaten ist. Bloomberg wolle sich die Wahl kaufen, wiederholte Bernie Sanders seine Kritik am Milliardär. Dieser konterte, dass er sich für seinen Reichtum nicht entschuldigen werde. Er betonte, dass ihm viele Mittel recht seien, um Trump aus dem Weißen Haus zu jagen. Rund 400 Millionen Dollar hat Bloomberg bereits im Wahlkampf ausgegeben, mehr als alle anderen Kandidaten zusammen.

Die Vorwahl in Nevada geht am Samstag über die Bühne, Sanders liegt in den Umfragen klar voran. Eine Woche später folgt South Carolina – die wohl letzte Chance für Joe Biden, sich im Rennen zu halten. Der frühere Vizepräsident enttäuschte bisher und konnte auch die Debatte in Las Vegas nicht nutzen, um seinen Abwärtstrend zu stoppen. Fast alles drehte sich in der hitzigen Konfrontation um Bloomberg, der die ersten vier Vorwahlen auslässt und erst Anfang März am „Super Tuesday“ in den Kampf zieht.

Vor allem Warren, die in Iowa und New Hampshire – so wie auch Biden – die Erwartungen nicht erfüllte, erkor Bloomberg zum Feindbild. Sie bezeichnete es als „enormes Risiko“ für die Demokraten, den „arroganten Milliardär“ gegen Trump in den Ring zu schicken. Offensichtlich hatte sich Warren vorgenommen, den TV-Auftritt zu nützen, um ein aggressives Lebenszeichen an ihre Anhänger zu senden. Sie scheint Erfolg gehabt zu haben, mehrere US-Medien haben sie zur Siegerin der Diskussion erklärt.

In Nevada liegt Warren mit Pete Buttigieg und Amy Klobuchar gleichauf, weit hinter Sanders. Alle drei brauchen ein gutes Resultat, damit ihre Chancen intakt bleiben. So hagelte es nicht nur Attacken gegen Bloomberg, auch der Rest des Feldes ging aufeinander los.

Eine positive Nachricht pro Tag

Buttigieg holte zum Rundumschlag aus: Sanders und Bloomberg seien „jene Kandidaten, die am meisten polarisieren“, erklärte der Ex-Bürgermeister von South Bend in Indiana. Ein moderater Zentrist wie er sei der ideale Kandidat – im Gegensatz zu Klobuchar, die im Senat für den von Trump nominierten Chef der Grenzschutzbehörde gestimmt habe; sie sei zu konservativ für die Demokraten. „Wenn nur jeder so perfekt wie du wäre, Pete“, hielt die Senatorin dagegen.

Es ist davon auszugehen, dass sich das Feld spätestens nach dem „Super Tuesday“ lichten wird. Und es bleibt abzuwarten, wie groß der Schaden ist, den Bloomberg aus der Debatte in Nevada davongetragen hat. Der Gründer der gleichnamigen Nachrichtenagentur weigert sich, mehrere Frauen, die für ihn gearbeitet haben, von Geheimhaltungsverträgen zu entbinden. Die anderen Kandidaten werfen ihm frauenfeindliche Kommentare vor, während Bloomberg von „Witzen“ spricht, die einigen Mitarbeiterinnen nicht gefallen hätten.

Um sein Image aufzupolieren, setzt Bloomberg neben zahlreichen TV-Spots vermehrt auf soziale Medien. In Kalifornien, wo Anfang März gewählt wird, heuerte der 78-Jährige Hunderte Personen mit großer Gefolgschaft an, die für 2500 US-Dollar im Monat eine positive Nachricht pro Tag über ihn auf Facebook oder Twitter posten sollen. „Man kann sich die Präsidentschaft nicht erkaufen“, glaubt Sanders zu wissen. Ob er damit recht hat, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2020)

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