Ein rechter Anschlag hier in Hanau? Dashielten alle für absurd. Bis Mittwochabend. Doch nun flattern die Polizei-Absperrbänder in der hessischen Stadt.
Die Zugfahrt von Berlin nach Hanau führt durch eine sanfte hessische Hügellandschaft. Auf dem Weg hält man in Kassel. Ausgerechnet. Der Regierungspräsident dort war Anfang Juni hingerichtet worden. Es war der erste rechtsextrem motivierte Politikermord der deutschen Nachkriegsgeschichte. Eine Zäsur. Dann im Herbst 2019 kam Halle, also der Anschlag auf eine Synagoge dort mit zwei Toten. Und jetzt, nächster Halt, Hanau.
Knapp 100.000 Einwohner zählt dieses Hanau. Der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund ist sichtbar hoch. Die Brüder Grimm wurden hier geboren, auch der Fußball-Weltmeister Rudi Völler. Sonst ist dieses Hanau vor den Toren Frankfurts am Main eher unspektakulär, eine mittelgroße Stadt, wie es sie hundertfach gibt. Doch seit Mittwochabend ist der Name Hanaus untrennbar mit dem schwersten mutmaßlich rassistisch motivierten Anschlag seit der Wiedervereinigung verbunden. Tobias R. hat hier in einer Nacht genau so viele Menschen erschossen wie die neonazistische NSU-Terrorzelle in sieben Jahren. Neun Menschen mit Migrationshintergrund, darunter eine Schwangere, starben. Danach tötete der 43-Jährige seine Mutter in ihrer Wohnung und sich selbst.