Deutschland hat gute Gründe, um über die rechtsextreme Gefahr zu debattieren. Der Mörder von Hanau war jedoch kein klassischer Terrorist.
Die Grenzen zwischen Wahn und gewalttätigem Fanatismus sind fließend. Wer ohne Mitleid wahllos neun Menschen und anschließend seine Mutter und sich selbst tötet, den muss ein Teufel reiten, der kann nicht bei Sinnen sein. Doch solch emotionale Bewertungen, die hilfloser Wut entspringen, bringen ebenso wenig Erkenntnisgewinn wie die eingeübten pathetischen Empörungs- und Trauerrituale, die in Momenten kollektiver Ohnmacht und Fassungslosigkeit schnell einsetzen. „Rassismus ist ein Gift, der Hass ist ein Gift. Und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft, und es ist schuld an schon viel zu vielen Verbrechen“, erklärte die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, nach der Bluttat von Hanau. Wer wollte ihr da widersprechen?
Der Massenmord in der hessischen Stadt war eindeutig ausländerfeindlich grundiert. Der Täter wollte offenkundig Menschen mit Migrationshintergrund töten. Er suchte seine Opfer in einer Shisha-Bar heim. Und er hinterließ ein Manifest, das durchsetzt ist mit wüsten xenophoben Vernichtungsfantasien. Ganze Völker hätte der 43-jährige Deutsche am liebsten ausgerottet, wie er schrieb: von Marokko über die Türkei bis zu den Philippinen. Und das wäre erst die „Grobsäuberung“ gewesen, wie er es nannte. Danach wäre die „Feinsäuberung“ gekommen. In seinem Größenwahn hätte er sich eine „Halbierung“ der Bevölkerung in Deutschland vorstellen können. Es liegt auf der Hand, dass der Mörder von Hanau an Neo-Nazi-Diskurse angedockt war. Doch ihn trieben auch andere Dämonen.