Geschichte

Mörderische Karrieren

Im Hartheim-Prozess am Volksgericht Linz wurden 1947 nur zwei Haftstrafen ausgesprochen: Der Fahrer Franz Hödl wurde zu dreieinhalb Jahren und der Pfleger Hermann Merta zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
Im Hartheim-Prozess am Volksgericht Linz wurden 1947 nur zwei Haftstrafen ausgesprochen: Der Fahrer Franz Hödl wurde zu dreieinhalb Jahren und der Pfleger Hermann Merta zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. (c) Österreichische Lichtbildstelle (Österreichische Lichtbildstelle)
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Eine neue Publikation beleuchtet die Genese des Holocaust. Eine lang unterschätzte Rolle spielten das Personal und dessen Know-how aus dem Apparat des NS-Euthanasieprogramms.

Sie können nur noch historisch zur Verantwortung gezogen werden – jene Täterinnen und Täter, die mit ihren Verbrechen während des Holocaust in den Tötungsanstalten des NS-Euthanasieprogramms begonnen hatten. Schon in den 1960er-Jahren hatte der KZ-Überlebende und unermüdliche Verfolger von Nazi-Verbrechern Simon Wiesenthal auf eine enge personelle Verbindung hingewiesen: Die Handelnden im Massenmord an Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen („Aktion T4“) waren später vielfach auch in den Vernichtungslagern Belzec, Treblinka und Sobibor („Aktion Reinhard“) tätig. In diesen wurden zwischen 1,5 und zwei Millionen Jüdinnen, Juden sowie Romnija und Roma im deutsch besetzten Polen ermordet.

Die Forschung schenkte diesem Zusammenhang lange Zeit wenig Beachtung. Eine neue Publikation schließt diese Lücke. Der Sammelband „Beyond Hartheim“ leistet einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis der Genese und Radikalität des NS-Massenmords.

Töten als Arbeitsprozess

Im oberösterreichischen Schloss Hartheim wurden unter der Leitung des Linzer Psychiaters Rudolf Lonauer zwischen 1940 und 1944 rund 30.000 Menschen ermordet, 18.269 davon im Rahmen der „Aktion T4“ in nur 16 Monaten. „Alle Beteiligten waren intensiv und hautnah mit dem Tötungsprozess konfrontiert“, so die wissenschaftliche Leiterin der Internationalen Hartheim-Konferenz, die Soziologin und Historikerin Brigitte Kepplinger. Zur Zeit der „Aktion T4“ arbeiteten in der Tötungsanstalt Hartheim ungefähr 70 Personen, die meisten von ihnen wohnten auch im Schloss. Ihre Aufgabe: die Tötung der von der Zentraldienststelle in Berlin ausgewählten Opfer durch die Zuleitung von Kohlenmonoxid in eigens adaptierte Räume, die Beseitigung ihrer Leichname durch Verbrennung und die verwaltungstechnische Abwicklung dieser Morde unter absoluter Geheimhaltung.

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