USA

Trump sät Geheimdienst-Chaos

Richard Grenell, bisher US-Botschafter in Deutschland, soll nach dem Willen Donald Trumps der Koordinator der 17 US-Nachrichtendienste werden. Geheimdiensterfahrung bringt er aber keine mit.
Richard Grenell, bisher US-Botschafter in Deutschland, soll nach dem Willen Donald Trumps der Koordinator der 17 US-Nachrichtendienste werden. Geheimdiensterfahrung bringt er aber keine mit.(c) imago images/Future Image (Petra Sch’¶nberger via ww)
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Die Nachrichtendienste warnten im Kongress vor russischer Einmischung in die US-Wahlen, die Donald Trump zur Wiederwahl verhelfen soll. Damit weckten sie die Wut des Präsidenten.

Washington/Wien. Wieder sorgt US-Präsident Donald Trump mit einer Entscheidung aus dem Bauch heraus für heillose Verwirrung und heftiges Kopfschütteln in Washington. Aus Wut und Ärger feuerte Trump diese Woche den geschäftsführenden Koordinator der 17 US-Geheimdienste, Joseph Maguire. Zuerst verkündete er am Donnerstag, dass der jetzige US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, Maguires Nachfolger werde.

Aber schon Stunden später gab Trump bekannt, dass der republikanische Abgeordnete Doug Collins aus Georgia der richtige Mann für den Posten des Geheimdienstdirektors wäre. Nur, Doug Collins erklärte gestern, dass er an dem Amt nicht interessiert sei, sondern sich um einen Senatssitz bewerben wolle. Also wird wohl doch Grenell zum Zug kommen, obwohl der keinerlei Geheimdiensterfahrung für das Amt mitbringt.

Aber der Reihe nach: Vergangenen Donnerstag sagte Shelby Pierson, die im Büro für Nationale Nachrichtendienste für Fragen der Sicherheit von Wahlprozessen zuständig ist, im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses aus. Ihre Kernaussage, die auf den Erkenntnissen des Auslandsgeheimdiensts CIA, der Nationalen Sicherheitsbehörde NSA und der Bundespolizei FBI gründete, war: Russland wird sich auch in diesem Jahr massiv in die US-Wahlen einmischen – und Sinn und Zweck der verdeckten russischen Interventionen sei es, Trump zu seiner Wiederwahl zu verhelfen.

Als Trump von dieser Aussage erfuhr, explodierte er laut Berichten von US-Medien. Er bestellte Maguire ins Weiße Haus, stauchte ihn zusammen, beklagte sich über die „Illoyalität“ seiner Mitarbeiter – und das war's dann für ihn.

FBI warnt: Russische Spaltkeile

Was Trump so erzürnte: Seit drei Jahren weist er alle Berichte über die russische Einmischung in die US-Wahlen zurück und diskreditierte damit auch die Erkenntnisse der diversen US-Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste. Trump sieht durch solche Berichte seinen Wahlsieg von 2016 herabgewürdigt. Und er befürchtet, dass solche Meldungen auch im diesjährigen Wahlkampf nur den Demokraten nützen würden. Trump hat auch mit der Behauptung für große Verwunderung gesorgt, dass es nicht die russischen, sondern die ukrainischen Geheimdienste seien, die sich in US-Angelegenheiten einzumischen versuchten.

Freilich vergeht kaum ein Tag, an dem es nicht aus irgendeiner US-Behörde eine Warnung vor russischer Einmischung gibt. Am 5. Februar war es der Direktor der Bundespolizei FBI, Christopher Wray, der in einer öffentlichen Anhörung im Justizausschuss des Repräsentantenhauses warnte, die Russen führten einen „Informationskrieg“ gegen die USA. Zwar hätten sie bis jetzt nicht die Wahlinfrastruktur in den USA mittels Cyberangriffen direkt im Visier, so Wray: „Aber sie versuchen, durch Desinformation unsere Leute zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen.“

Das US-Zentrum für Nationale Spionageabwehr und Sicherheit veröffentlichte wenige Tage später ein Strategiepapier, in dem dieselben Schlüsse gezogen werden. Ohne Russland oder auch China direkt beim Namen zu nennen, heißt es dort: „Ausländische Geheimdienste führen Beeinflussungskampagnen in den Vereinigten Staaten durch, um das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen und Prozesse zu untergraben, um Zwietracht in unserer Gesellschaft zu säen, Einfluss in den USA zu gewinnen und unsere Allianzen schwächen.“ So solle die öffentliche Meinung gegen die Politik der US-Regierung beziehungsweise zugunsten ausländischer Interessen gesteuert werden.

Kreml: „Paranoide Berichte“

Russland wäscht derweil seine Hände in Unschuld. Die jüngsten Aussagen der US-Geheimdienste kommentierte Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow: „Das ist nur ein weiterer in einer Serie von paranoiden Berichten. Und wir bedauern, dass es immer mehr werden, je näher der Wahltag rückt. Mit der Wahrheit haben sie nichts zu tun.“

Selbstkritische US-Bürger weisen auch daraufhin, dass es schon die Amerikaner selbst sind, die durch die einzigartige innenpolitische Polarisierung und die gegenseitige Gehässigkeit dafür sorgen, dass die Achtung der Gesellschaft für die Demokratie und ihre Institutionen immer mehr schwindet. „Was die Amerikaner selbst an falschen Information verbreiten, ist viel ärger als alles, was die Russen anstellen können“, kommentierte Graham Brookie von der Denkfabrik Atlantic Council.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2020)

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