Interview

Hannes Androsch: „Wir hängen in der Mittelmäßigkeit fest“

Hannes Androsch, Industrieller und Ex-Vizekanzler, sieht sich gern als Citoyen – und beklagt als solcher Österreichs Rückfall in die Mittelmäßigkeit (Archivbild aus dem August 2019).
Hannes Androsch, Industrieller und Ex-Vizekanzler, sieht sich gern als Citoyen – und beklagt als solcher Österreichs Rückfall in die Mittelmäßigkeit (Archivbild aus dem August 2019).Die Presse
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Der Industrielle Hannes Androsch über die zum Stillstand gekommene Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik, die „bedingungslose Kapitulation“ der Grünen und den wachsenden Rückstand in der digitalen Welt.

Herr Androsch, die Zweite Republik feiert demnächst ihren 75. Geburtstag. Eine Erfolgsgeschichte, oder?

Hannes Androsch: Eine große Erfolgsgeschichte, die aber in den letzten 20 Jahren zum Stillstand gekommen ist. Wir hängen in der Mittelmäßigkeit fest und müssen zusehen, wie uns die anderen, etwa die Niederlande oder die Schweiz davonziehen. In wichtigen Zukunftsbereichen wie der Künstlichen Intelligenz sind wir nicht einmal mehr Mittelmaß, sondern wirklich rückständig. Genauso wie beim Klimaschutz, wo wir zwischen China und Mexiko auf Platz 36 liegen. In der Bildung erleben wir Stillstand, die Universitäten sind unterfinanziert und das Bundesheer ist in die Pleite getrieben worden.

Klingt sehr resignativ.

Nein, es geht nicht darum, das Land schlechtzureden, aber wir müssen endlich sagen, was zu tun ist, um wieder dorthin zu kommen, wo wir einmal waren. Das Land braucht eine Aufbruchstimmung, die den Stillstand, den wir noch immer haben, überwindet.

Und wo soll dese Aufbruchstimmung herkommen?

Das ist kurzfristig ein Problem. Es geht uns gut. Die Leute sind zwar verunsichert, aber zufrieden. Sie reagieren ein bisschen so, wie es Nestroy einmal beschrieb: „Was hat die Zukunft für mich getan? Nichts! Genau das tue ich jetzt für die Zukunft!“ Es gibt ja auch keinen Druck. Unsere Investitionsdynamik ist zwar deutlich zurückgegangen, die Standortattraktivität ist auch nicht größer geworden. Dazu ist die Industrie immer stärker von den deutschen Problemen betroffen. Das wird aber durch hohen Privatkonsum und florierenden Tourismus noch zugedeckt.

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