Weiße Suprematisten beim Fackelzug im US-amerikanischen Charlotteville.
Sechs Beispiele

Wie schreibt man über Rechtsextreme?

Wir wissen, wie Rechtsextreme denken. Aber was treibt sie an, die Vertreter von Alt-Right, vom Front National oder den paranoiden Rassisten? T. C. Boyle und andere geben Auskunft.

Adam hasst den Staat. Er glaubt, dass alle Politiker gekauft sind, dass das FBI sein Telefon abhört und dass man über China eine Atombombe abschmeißen sollte. Er glaubt auch an Aliens, die ihn mit Drohnen überwachen. Deshalb war er in Behandlung. Diagnose: Schizophrenie. Doch Adam ist nicht allein: Da wäre seine Freundin Sara, die einer abstrusen rechten „Tilgungs-Theorie“ anhängt und den Staat für illegitim hält, im Gegensatz zu ihm aber als normal gilt. Und Adams Vater, der als Held gefeiert wird, weil er einen Costa Ricaner getötet hat, der seine Reisegruppe überfallen hat. Was ist verrückt? Was ist rechtsextrem? Wo beginnt Rassismus?

T. C. Boyles „Hart auf Hart“, 2015 erschienen, ist einer der ganz wenigen zeitgenössischen Romane mit rechten Helden – aus nachvollziehbaren Gründen. Das Milieu ist fast allen Autoren fremd. Um glaubwürdig zu sein, bedarf es immenser Recherche-Arbeit, und radikale Kreise sind nicht dafür bekannt, sich gern in die Karten schauen zu lassen. Vor allem aber: Wie nahe will ich, als Autor, als Leser, einem Rechtsextremen kommen, dem Anführer einer brutalen Schlägertruppe, dem zynischen Paradeintellektuellen, der vor dem großen Austausch warnt, dem Neonazi aus dem deutschen Osten, der auf einem Volksfest Syrer krankenhausreif prügelt? Will ich die Welt wirklich mit seinen Augen sehen?

Dabei sollte man gerade als politisch interessierter Mensch an Psychogrammen rechtsextremer Charaktere interessiert sein. Wir wissen zwar, wie die Vertreter von Alt-Right oder der Identitären denken, sie sitzen schließlich in Fernsehstudios oder gestalten Radioprogramme, schreiben für Publikationen wie „Unzensuriert“ oder breiten auf Twitter und Facebook weitgehend ungehindert ihre Gedankenwelt aus. Die Verschwörungstheorien der Rechtsextremen sind, auch wenn man gern von Echokammern und Blasen spricht, immer nur ein, zwei Klicks weit entfernt. Aber wie fühlen sie? Was treibt sie um? Warum hassen sie?

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