Großbritannien

WikiLeaks-Gründer kämpft gegen Auslieferung

Pro-Assange-Kundgebung.
Pro-Assange-Kundgebung.(c) APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS (DANIEL LEAL-OLIVAS)
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In London muss ein Gericht über die mögliche Auslieferung Julian Assanges in die USA entscheiden. Washington wirft dem 48-Jährigen vor, geheimes Material von US-Militäreinsätzen veröffentlicht zu haben.

London/Wien. „Eindeutig kriminell“ seien die Aktivitäten des WikiLeaks-Gründers Julian Assange gewesen. Informanten des US-Geheimdienstes in Afghanistan, Irak und China seien „verschwunden“, nachdem die Enthüllungsplattform massenweise geheime Dokumente ohne Schwärzung von Namen oder eindeutigen Hinweisen öffentlich gemacht hatte.

Chefankläger James Lewis von der US-Justiz eröffnete am Montagmorgen die Hauptanhörung in dem Auslieferungsverfahren vor einem Gericht im südöstlichen Londoner Stadtteil Woolwich. Die USA werfen dem 48-jährigen Australier vor, der Whistleblowerin Chelsea Manning geholfen zu haben, geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan zu veröffentlichen. Assange drohen bis zu 175 Jahre Haft.

Im Hochsicherheitsgefängnis

Von zwei Sicherheitsleuten wurde der Angeklagte, der ruhig und konzentriert wirkte, in den voll besetzten Gerichtssaal gebracht. Dort drängten sich Journalisten und Unterstützer. Auch draußen vor dem Gebäude hatten sich zahlreiche Demonstranten versammelt, die ihre Solidarität mit dem WikiLeaks-Gründer bekundeten. Die britische Justiz muss entscheiden, ob der Auslieferungsantrag der USA eine Reihe rechtlicher Kriterien erfüllt, verhältnismäßig und mit den Menschenrechten vereinbar ist. Die Anhörungen sind für eine Woche geplant und sollen dann erst am 18. Mai für weitere drei Wochen fortgesetzt werden.

Im Vorjahr hatte Assange bei einer Anhörung gesagt, er wolle sich „nicht der Auslieferung ergeben, nur weil ich Journalismus betrieben habe, der viele Preise erhalten und viele Menschen geschützt hat“. Chefankläger Lewis hingegen ist der Meinung, Assange sei kein Journalist und könne sich daher nicht auf das Argument Pressefreiheit beziehen.

Assanges Vater, John Shipton, prangerte eine „Unterdrückung des Journalismus“ an, die sich in der Strafverfolgung gegen seinen Sohn manifestiere. Journalisten drohe dasselbe Schicksal, „sollte diese politische Auslieferung von Julian Assange erfolgreich sein“, warnte Shipton. Er hatte gemeinsam mit dem früheren griechischen Kurzzeit-Finanzminister Yanis Varoufakis am Sonntag Julian Assange in seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh besucht. Varoufakis, der sich seit Längerem für Assanges Freilassung einsetzt, meinte, der 48-Jährige sei an einem „sehr dunklen Ort“ und befinde sich zwanzig Stunden täglich in Einzelhaft.

Zuvor hatte er sich sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London verschanzt, um einer Auslieferung an Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen und womöglich an die USA zu entgehen. Die Ermittlungen in Schweden wurden eingestellt.

Angriff auf Regierungs-PC

Die USA beschuldigten Assange zunächst nur der Verschwörung zum Angriff auf Regierungscomputer. Im Mai 2019 wurde die Anklage erheblich verschärft. Wegen Verstoßes gegen Anti-Spionage-Gesetze erhob die US-Justiz Anklage in 17 weiteren Punkten.

Die US-Anklage bezieht sich auf die WikiLeaks-Veröffentlichungen von rund 750.000 vertraulichen Dokumenten aus dem Militärapparat und aus dem diplomatischen Dienst, die hochbrisante Informationen über US-Einsätze im Irak-Krieg wie die Tötung von Zivilisten und Misshandlung von Gefangenen enthielten. Mit den Anklagen nach dem Anti-Spionage-Gesetz weisen die US-Ermittler die Argumentation von Assange zurück, dass es sich bei WikiLeaks um eine journalistische Publikation handle. (ag./zoe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2020)

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