Serie

Im TV: Der junge Freud im dunklen Wien

Heiliggesprochen wird Freud in „Freud“ nicht: Robert Finster spielt ihn mit öfters unheimlich zuckenden Brauen.
Heiliggesprochen wird Freud in „Freud“ nicht: Robert Finster spielt ihn mit öfters unheimlich zuckenden Brauen.(c) Satel Film/BavariaFiction
  • Drucken

Kokain und Hysterie, Schmisse und ein Mord: Marvin Kren reißt in „Freud“ – am Sonntag sind die ersten beiden Folgen in ORF1 zu sehen– viele Themen an. Das funktioniert erstaunlich gut.

Eine Taschenuhr pendelt im schwarzen Nichts. „Sie hören meine Stimme, Sie sehen das Pendel. Nur meine Stimme und das Pendel. Alles andere verschwindet“, sagt eine dunkle Stimme. Das Gesicht eines jungen Mannes kommt zum Vorschein, durchdringende Augen, gepflegter brauner Bart. Die Hypnosesitzung scheint erfolgreich zu sein: Eine ältere Frau wird zurückversetzt an den Unfallort ihrer kleinen Tochter. Man hört Kindergelächter, klappernde Pferdehufe, sieht ein gequältes Gesicht im Kerzenschein. Dann steht die Frau abrupt auf und zieht die Vorhänge auf. Licht strömt in das geräumige Zimmer. Und Sigmund Freud bittet seine Haushälterin: „Sagen Sie, könnten Sie ein bisschen weinen am Schluss?“

Der Erfinder der Psychoanalyse als Schwindler? Schon die erste Szene der Serie „Freud“ macht klar: Heiliggesprochen wird Freud hier nicht. Er steht aber auch noch am Anfang seiner Karriere. Der knapp 30-Jährige hat die Hypnose für sich entdeckt, doch sie gelingt ihm noch nicht, wann er es will. Für ein Referat vor der Wiener Ärzteschaft, die ihn ohnehin nicht ernst nimmt, will er das Kunststück daher lieber vortäuschen.

Der Wiener Regisseur Marvin Kren, der davor die Mafiaserie „4 Blocks“ über libanesische Clans in Neukölln gedreht hat, nutzt Freuds Biografie aber ohnehin nur als Gerüst für eine schillernde Fiktion: Das Geheimnisvolle, das seine Person und seine Lehren umgibt, funktioniert als Basis für eine anregende Mystery-Geschichte um ein blutiges Mordkomplott im Wien von 1886.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Der Steirer Robert Finster spielt den 30-jährigen Sigmund Freud. In weiteren Rollen sind zu sehen: Ella Rumpf, Georg Friedrich, Rainer Bock und Noah Saavedra als Arthur Schnitzler.
Serien

Am Set mit dem "unfertigen" Sigmund Freud

In Prag wird gerade „Freud“ gedreht, die erste Zusammenarbeit von ORF und Netflix. Sie wird wohl ein größeres Publikum erreichen als jede österreichische Serie bisher. Die „Presse“ besuchte die Dreharbeiten und stieg hinab in den Psychiatriekeller.
Vienne noire, made in Prag. Marvin Kren will in seiner Serie das Comeback des unheimlichen Wien feiern.
Salon

Regisseur Marvin Kren ist "fasziniert von Gewalt"

Bekannt wurde er mit der Serie „4 Blocks“ über Clankriminalität in Berlin und halbdunkel geht es auch weiter: Der Wiener Marvin Kren dreht gerade für Netflix und den ORF „Freud“ in Prag. Ein Gespräch über Hypnose und seine Mutter, die Schauspielerin Brigitte Kren.
Sigmund Freud posiert für den Bildhauer Oscar Nemon (1930).
Feuilleton

Ödipus, Hamlet und die Brüder Karamasow

Sigmund Freud sah Kultur als mühselige Zurückdrängung des Lustprinzips, den Künstlern neidete er den intuitiven Zugang zur Seele, aus der Literatur zog er viel Inspiration.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.