Super-Notenbank warnt vor neuer Finanzkrise

SuperNotenbank warnt neuer Finanzkrise
SuperNotenbank warnt neuer Finanzkrise(c) EPA (SERGEI ILNITSKY)
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Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich befürchtet, dass die Staaten vor einem neuen Crash stehen. Sie fordert strengere Vorschriften für die Banken. Die Politik scheint die Rufe nicht zu hören.

Wien. Die in Basel ansässige Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sieht die Gefahr einer neuen Finanz- und Wirtschaftskrise: „Was wir Ende 2008 und Anfang 2009 erlebt haben, könnte sich durch einen Schock beliebiger Größenordnung wiederholen“, schreibt das Institut in seinem am Montag veröffentlichten Jahresbericht. „Verbleibende Schwächen des Finanzsystems zusammen mit den Nebenwirkungen der anhaltenden Intensivbehandlung drohen einen Rückfall des Patienten zu verursachen und die Reformbestrebungen zu untergraben“, heißt es weiter.

Die Sanierung der Banken sei nämlich „bei Weitem nicht abgeschlossen“. Die BIZ gilt als „Notenbank der Notenbanken“. Da ihre Experten Daten der wichtigsten Finanzmärkte analysieren, die sie von den Notenbanken geliefert bekommen, verfügen sie über ein gutes Frühwarnsystem.

Puffer für Krisenzeiten

Nach Ansicht von BIZ-Generalsekretär Jaime Caruana wären die Staaten im Falle eines neuen Crashs weitgehend machtlos. „Sollte es zu einer weiteren Krise kommen, wären Mittel und Möglichkeiten für erneute Eingriffe begrenzt“, so Caruana. Er verlangte eine vernünftige Sanierung der Staatshaushalte und eine Reform des Finanzsystems. So sollen die Banken künftig mehr Eigenkapital vorhalten müssen, fordert die BIZ.

Doch mit dieser Forderung sind die BIZ-Experten beim jüngsten G20-Gipfel in Toronto abgeblitzt. Wie am Montag bekannt wurde, haben die Staats- und Regierungschefs der größten Industriestaaten und Schwellenländer den Zeitplan für die Umsetzung der strengeren Eigenkapitalvorschriften für Finanzkonzerne aufgeweicht. Ursprünglich sollten die unter dem Stichwort „Basel III“ bekannten Regeln bis Ende 2012 verpflichtend eingeführt werden.

Nun heißt es, dass jedes Land selbst über die Umsetzung entscheiden kann. Begründet wurde dies damit, dass finanziell angeschlagene Institute mehr Luft zum Atmen bekommen sollen. Kritiker zeigten sich darüber enttäuscht. Der Präsident des Ifo-Instituts in München, Hans-Werner Sinn, meinte im Deutschlandfunk: „Wir hatten natürlich gehofft, dass es zu einer Regulierung der Banken kommt, die ihnen mehr Eigenkapital abverlangt, damit ein größerer Puffer in Krisenzeiten da ist und im vornherein nicht so stark gezockt wird.“

Vergangenen Dezember hatte die „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ einen Entwurf für „Basel III“ vorgelegt. Doch die Kreditinstitute setzten alle Hebel in Bewegung, um eine rasche Einführung zu verhindern. Vor zwei Wochen hat der Weltbankenverband IIF bei der Frühjahrstagung in Wien mit einer Studie über die Auswirkungen strengerer Vorschriften Alarm geschlagen. Demnach werde sich das Wirtschaftswachstum abschwächen, weil die Banken künftig weniger Kredite vergeben können. Dies würde bis 2015 weltweit 9,7 Millionen Arbeitsplätze kosten. In der Euro-Zone würde das Bruttoinlandsprodukt bis 2015 um 4,3 Prozent niedriger ausfallen. Der IIF vertritt mehr als 400 Finanzkonzerne und ist damit eine der mächtigsten Lobbying-Organisationen. BIZ-Chefökonom Stephan Cecchetti meldete Zweifel an der IIF-Studie an und warf dem Bankenverband gezielte Panikmache vor.

16 Milliarden Euro in Österreich

In Österreich reagierten die Banken unterschiedlich auf den Beschluss von Toronto. „Es ist gut, wenn die Banken mehr Zeit bekommen“, sagte Andreas Pangl, Generalsekretär des Raiffeisenverbands, zur „Presse“. Es müsse klargestellt werden, dass Basel III erst eingeführt werde, wenn die Krise vorbei sei. Bank-Austria-Sprecher Martin Halama warnte jedoch vor nationalen Alleingängen: „Es ist sicher nicht sinnvoll, dass jedes Land selbst über die Umsetzung von Basel III entscheiden kann.“

Nach Schätzungen des österreichischen Bankenverbands könnte der heimischen Kreditwirtschaft wegen Basel III ein zusätzlicher Kapitalbedarf von bis zu 16 Milliarden Euro entstehen. „Das überfordert den Bankensektor“, kritisierte Stephan Koren, Präsident des Bankenverbands.

Unterstützt wird die Finanzbranche von Othmar Karas, EU-Abgeordneter der ÖVP. Karas ist federführender Verhandler des Europaparlaments für die neuen Eigenkapitalvorschriften. „Manches läuft hier in die falsche Richtung“, so der Politiker. Die vorliegenden Vorschläge seien „nicht reif, es darf zu keiner Einigung kommen, ehe nicht die Auswirkungen auf die Realwirtschaft klar sind“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2010)

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