Due Diligence: „Vorher genau hinschauen“

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Wer ein Unternehmen kaufen will, sollte es zuvor auf Herz und Nieren prüfen.

Due Diligence vor dem Vertragsabschluss gehört bei Unternehmensübernahmen zum Pflichtprogramm. Gemeint ist eine wirtschaftliche und rechtliche Überprüfung des Übernahmekandidaten durch den Kaufinteressenten.

Viele europäische Unternehmen mussten dabei Neuland betreten. „Dass der Käufer Due Diligence macht, ist kein kontinentaleuropäisches System, sondern wurde aus den USA und Großbritannien übernommen“, sagt Stefan Prochaska, Geschäftsführer bei PHH Rechtsanwälte. Dahinter steckt die Überlegung, dass der Käufer aus offenen Mängeln – also solchen, die er vor Geschäftsabschluss gesehen hat oder sehen hätte müssen – keine Ansprüche ableiten soll. Weshalb es umso wichtiger ist, vor dem Kauf genau hinzuschauen.

„Das System hat sich bewährt“, meint Prochaska. Dabei haben sich die Anforderungen in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. War es zunächst bloß eine Formalität, die dadurch erfüllt werden konnte, dass jemand alle Vertragsverhältnisse des Übernahmekandidaten brav auflistete, müssen heute Einschätzungen über die tatsächlichen Risken getroffen werden.

Lange Disclaimer?

„Früher konnte am Donnerstag ein Auftrag hereinkommen, übers Wochenende eine ,Due Diligence light‘ für eine Transaktion zu machen, mit dem Ziel, am Montag den Vertrag zu unterschreiben“, berichtet Raimund Cancola, Partner bei enwc Rechtsanwälte. Aus Sorge, dass einem jemand den Deal vor der Nase wegschnappen könnte, sei die Überprüfung auf ein Minimum reduziert worden: Wer ist Eigentümer? Ist die Gesellschaft registriert? Sind ihre Anteile mit Rechten Dritter belastet? Cancola: „Oft war der Disclaimer länger als der Due-Diligence-Bericht.“ Ähnliches habe für den Vertrag selbst gegolten: „Der Verkäufer hat diktiert, der Käufer hat mehr geschluckt, als vernünftig war.“

Diese Zeiten sind vorbei – womit sich auch die Anforderungen an die Kanzleien, die mit Due Diligence beauftragt werden, drastisch erhöht ha-
ben. Die bisherige Praxis, Berufsneulinge einzusetzen, sei mit einem Ablaufdatum versehen, sagt Prochaska. „Dafür braucht man erfahrene Leute, die auch eine Bilanz lesen und wirtschaftlich denken können.“

Für den Umfang der Due Diligence kommt es auch auf die Art der Transaktion an. „Es gibt Unterschiede zwischen Life-Saving-Transaktionen und solchen, die von langer Hand geplant wurden“, sagt Gerhard Hermann, Leiter des M&A-Teamsbei Baker & McKenzie Diwok Hermann Petsche. In finanziellen Spannungssituationen bleibe oft wenig Zeit für eine genaue Prüfung. Das Ergebnis der Due Diligence sei dann oft ein umfangreicher Gewährleistungskatalog – über dessen Wert sich in solchen Fällen mitunter streiten lässt. Trotzdem warnt er, das Thema auf die leichte Schulter zu nehmen: „Wirtschaftliche, rechtliche, finanzielle und steuerliche Due Diligence ist extrem wichtig und das entscheidende Thema für die Vertragsgestaltung. Wenn ohne Due Diligence etwas gekauft wird, kann das außerdem haftungsträchtig sein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2010)

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