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Wir hatten die Krapfen, jetzt haben wir den Salat

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Warum macht viele der frühe Frühling nicht froh? Und was freut den Wiener am Aschermittwoch? Anmerkungen zur Libidoökonomie.

Die besten Aschermittwochsreden werden/wurden am Faschingsdienstag geschrieben. Wer nie zu viel Wein getrunken hat, dem glaubt man die Wasserpredigt nicht. Abraham a Santa Clara würde sagen: Nur wem das Maul noch vom Schmalz der Krapfen trieft, der kann mit Lust zum sauren Salat rufen.

Man muss sich auch die Askese erst durch Ausschweifung verdienen. Das wusste schon der heilige Augustin, als er betete: „Mach mich keusch, Herr, aber noch nicht jetzt!“ Libidoökonomie nannte das der alte Freud, spöttelte aber auch gern über das Wesen des „billigen Vergnügens“, das man sich verschaffe, „indem man in kalter Winternacht ein Bein nackt aus der Decke herausstreckt und es dann wieder einzieht“.

Ein bisschen so funktioniert auch der Frühling. Man weiß seine Milde nicht wirklich zu schätzen, wenn der vorangegangene Winter nicht streng war. Man hat sozusagen das Gefühl, dass man sich den Frühling nicht verdient hat. Das erklärt vielleicht, warum das ungewöhnlich warme Wetter in diesen Tagen so wenig Frohsinn auslöst. Dazu kommt erstens der Verdacht, dass die Wärme etwas mit dem Klimawandel zu tun haben könnte, an dem man ja nichts Gutes finden darf, und wenn schon, dann nur mit schlechtem Gewissen. Zweitens die typisch wienerische Reaktion auf den Fasching: Wenn man mir sagt, dass ich lustig sein soll, bin ich's erst recht nicht. Ich soll eine Pappnase tragen? Von mir aus, dann schau ich aber erst recht grantig drein . . .

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