Lokalkritik

Testessen im Adlerhof

(c) Christine Pichler
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Ein Übermaß an Ideen: A-Branding, Vintage-Möbel von da und dort - und Essen, das derzeit noch ein bisschen Baustelle ist.

Es ist ein ehrgeiziges Projekt, das sich Manuel Knopf und Andreas Knünz, die in Wien auch die zwei Wirr-Lokale führen, da angetan haben. Eineinhalb Jahre soll es gedauert haben, den Adlerhof in der Burggasse zu revitalisieren. Beziehungsweise daraus vielmehr etwas ganz Neues zu machen, mithilfe dreier Gestaltungsbüros. Die Vielzahl der Ideen und Ideechen, die da alle realisiert wurden, aufzuzählen, würde hier den Rahmen sprengen, daher nur ein Auszug. Die Tapete im vorderen Bereich: vintage. Diverse mondäne Lampen: aus Altwarenzentren. Altbaugeländer von Otto Wagner wurden ebenso eingebaut wie eine Wendeltreppe, die hier einst in den Keller geführt hatte. Außerdem: Oswald-Haertl-Tischgebeine, Thonetstühle mit Adlerhof-Logo, eine digitalisierte Tapete aus dem Schloss Laudon. In einer Greißlervitrine beim Eingang werden täglich ab 6.30 Uhr Brot und Gebäck der Wachauer Bäckerei Schmidl verkauft, natürlich in Sackerln mit A-wie-Adlerhof-Branding, außerdem Milch et cetera, und ein paar Wiener Zuckerl (Mandarine!) gibt’s gratis obendrauf, wenn man sich nicht geniert, die Hand tief genug ins Glas zu stecken. Die Öffnungszeiten sind ambitioniert und erfordern wohl ein großes Team. Ob die Küchenleistung deshalb so durchwachsen ist, werden Wiederholungstäter feststellen können. Die Karte – es gibt auch eine große Frühstücksauswahl – liest sich nämlich derzeit noch verlockender, als die (Abendkarten-)Ergebnisse dann sind. Vielleicht ist man auch mit dem Zustrom überfordert? Im Minutentakt schleichen Millennials am Tisch vorbei, um jedes Eck zu fotografieren.

Ein paar Scheiben rohe, endenwollend elegant marinierte Chioggia-Rüben (nein, man sagt nicht Tschiotschia) mit vier Blättern dressinglosem Chicorée und ein paar karamellisierten Walnüssen – das ginge, auch angesichts der acht Euro, raffinierter. Ordentlich das Ceviche mit Zitronengras und Croutons (10 Euro). Das Knödeltrio (14 Euro) mit teils kleistrig-rohem Teig gibt’s reinsortig oder gemischt, mit Grammeln, Selchfleisch und einer sinnlosen veganen „Vleisch“-Füllung (die Leute, die Letztere gern essen, möchte man kennenlernen, oder auch nicht). Verspielt der Heilbutt, der auf Fregola-Pasta und Mangold platziert und in Adlerhof-Papier sowie auf Heu serviert wird (17 Euro), trocken der apfellose Apfel-Scheiterhaufen – an sich: ja, bitte! – mit ominöser Leder- statt Schneehaube. Fazit: Luft nach oben. Der unglaublich freundliche und charmante Service kann dafür gern genau so bleiben.

Info

Adlerhof, Burggasse 51, 1070 Wien, Tel.: +43/(0)1/522 49 05, Restaurant: täglich 6.30 bis 2 Uhr, Frühstück 8–16, Abendkarte 16–23 Uhr.

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("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 28.02.2020)

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