Raumklang

Die perfekte Welle

Ausgetüftelt. Auffälliger zentraler Klangkörper (auf dem Tisch) von Poet Audio.
Ausgetüftelt. Auffälliger zentraler Klangkörper (auf dem Tisch) von Poet Audio.(c) Beigestellt
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Ein guter Klangteppich ist Luxus für Auge und Ohr. Die Geräte dafür sind unsichtbar oder als Skulptur designt.

So viel steht fest: Von einem Kuschelkurs hält Markus Platzer wenig. Damit meint er auf Sanftheit reduzierte Klangwelten, die nur mehr weiche Bässe erlauben und in vielen Wohnzimmern bereits gang und gäbe sind. „Beim beiläufigen Hören mag man daran Gefallen finden, einen Audiophilen befriedigt das allerdings nicht“, sagt der Gründer von Poet Audio, der High-End-Sound mit Designanspruch und Authentizität im Klang zu verbinden strebt. Ein Schlagzeug klingt wie ein Schlagzeug klingt wie ein Schlagzeug. Punkt.

Klangmonolith. Mit dem Aufstieg der MP3-Technologie wurde für Platzer zugleich ein Abwärtstrend in der Klangkultur eingeläutet. Nicht zuletzt deshalb, weil „in vielen Häusern günstige Deckenlautsprecher eingebaut wurden, die eher einer Supermarktbeschallung entsprachen“. Das konstatiert der Steirer, der sich bereits als Jugendlicher für Klassik begeistern konnte und sich im Laufe der Jahre durch die Klangwelten von Beethoven, Tschaikowski, Schostakowitsch und Rachmaninow gearbeitet hat. Smarte, kleine Soundsysteme stellten ihn aufgrund ihres künstlichen Klangs nicht zufrieden, hochqualitative Hi-Fi-Anlagen waren dagegen oft sperrig und wenig ästhetisch.

»Beton, Glas, glatte Oberflächen: Keine Freunde guten Klangs.«



Also entwickelte er in Kooperation mit der Technischen Universität und der Kunstuniversität in Graz eine eigene, kabellose Linie, die mit Smartphone oder Tablet bedient werden kann. Damit sie auch dem Auge schmeichelt, wurde der bekannte Designer Thomas Feichtner an Bord geholt. Platzer lässt keinen Zweifel daran, dass die Entwicklung zeit- und kostenintensiv war: „Von 30  Skizzen haben 28 technisch nicht funktioniert.“ Als der realisierbare Lieblingsentwurf feststand, mussten erst Betriebe gefunden werden, die die anspruchsvolle Fertigung bewältigen konnten. Mit dem ersten Produkt der Linie, der „Pandoretta“, wurde ein markanter Quader mit geometrisch angeordneten Kreisöffnungen geschaffen, aus gebürstetem Edelstahl und Holz, der annähernd eine 360-Grad-Klangabstrahlung realisiert. Das Außengehäuse ist von Hand geschweißt, der innere Korpus als zentraler Klangkörper wie eine Geige aus Holz gefertigt. Auf branchenübliche Spritzgussformen aus Plastik hat man verzichtet. Platzer hält ein Plädoyer für das Mono-System: „Stereo spielt seine Überlegenheit nur aus, wenn der Hörer im Sweet Spot, also der Idealposition zwischen den zwei Lautsprechern sitzt. Mono ist die bessere Alternative für Menschen in Bewegung, weil es unabhängig vom Standort präzise funktioniert.“ Zuletzt ergänzte ein tragbarer Bluetooth-Lautsprecher die nunmehr fünfteilige Designlinie.

Akustischer Maßanzug. Damit die Technik glänzen kann, muss allerdings auch die Raumakustik stimmen, betont Platzer ebenso wie andere Experten. Architektur, Mobiliar und Oberflächenstrukturen bewirken Brechungen der Schallwellen. Eine reduzierte Formensprache, wie sie derzeit großen Anklang findet, birgt da durchaus Herausforderungen. „Nur Sichtbeton, Glas und glatte Oberflächen sind keine Freunde des guten Klangs“, bestätigt Oliver Schuster. Das gilt im Übrigen auch für eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Stoffsofas, flauschige Teppiche und Vorhänge sind willkommene Wegbereiter für einen optimalen Klang im Raumgefüge, erklärt der Architekt, der mit seinem Konzept Raumklang Räume akustisch optimiert, eigene Lautsprecher dafür entwickelt und die Prototypen selbst baut.

Integriert. In der Einrichtung (um den Fernseher) versteckter Sound von Raumklang.
Integriert. In der Einrichtung (um den Fernseher) versteckter Sound von Raumklang.(c) Rauchecker Photography



„Intervall und Takt, Grundriss und Raumverhältnis folgen mathematischen und geometrischen Regeln. Die Proportionslehre der Architektur steht in engem Zusammenhang mit der Harmonielehre in der Musik“, sagt der Tiroler, der anfangs in namhaften Architekturbüros bei der Planung und Realisierung von Konzertsälen und Tonstudios Erfahrungen gesammelt hat. In seinem ganzheitlichen Ansatz konzipiert er nun seit 2009 auch eigenes Mobiliar. Die optisch zurückhaltenden Wandlautsprecher der Soundwall beispielsweise werden durch eine dezente Hintergrundbeleuchtung umrahmt. Hinter den Akustikstoffblenden verbergen sich hochwertige HighEnd-Lautsprecher, regelbare LED-Lichtbänder und auf Wunsch eine integrierte Musikanlage auf dem neuesten Stand der Technik. Die Akustikstoffe dürfen dabei auch durchaus farbig sein.

Als ausgebildeter Hörakustiker nimmt er auch Bezug auf das individuelle Hörvermögen: „Die auditive Wahrnehmung ist stark abhängig von unserer Anatomie, unserem Alter und vielfältigen Umwelteinflüssen.“ Sein eigenes geschultes Gehör kommt nicht von ungefähr: Seine Mutter hat am Salzburger Mozarteum unterrichtet, wie seine Brüder hat er als Violinist eine klassische Musikausbildung zum Kammer- und Orchestermusiker genossen. Für seine Lautsprecherentwürfe konnte Schuster bereits mehrere Tiroler Design-Awards für sich verbuchen. Und wie ein Flügel nach Maß wird das High-End-Audiosystem vor Ort eingestimmt und eingemessen.

Perfekt versteckt. Die Technik nach Wunsch optisch vollkommen in den Hintergrund rücken lässt das oberösterreichische Team von Inveoo, das seinen Ursprung eigentlich in der IT-Branche hat. Als für den Eigenbedarf Audiosteuerungen programmiert wurden, etablierte sich sukzessive die Unternehmensidee: „Dahinter stand der Gedanke, das Augenmerk von Musik wieder darauf zu lenken, was wichtig ist: Entspannung, Individualität und Einfachheit“, konstatiert man bei Inveoo. 2014 wurde mit dem deutschen Hersteller lb Lautsprecher und Beschallungstechnik eine Kooperation geschlossen. Unsichtbare Lautsprecher sind dort bereits seit 1999 im Programm, aber vielen noch unbekannt.
Sie können in Decken und Wände eingebaut werden, man kaschiert sie mit einem Vlies, verspachtelt und überstreicht sie. Weil Bässe langwellig sind, können sie materielle Barrieren durchdringen, Höhen können sich dagegen aufgrund ihrer Kurzwelligkeit nicht so einfach einen Weg bannen.

Kunstvoll. Sieht aus wie eine Stehlampe, ist aber ein skulpturales Versteck für Hi-Fi von Inveoo.
Kunstvoll. Sieht aus wie eine Stehlampe, ist aber ein skulpturales Versteck für Hi-Fi von Inveoo.(c) Beigestellt



Gesichert wird die Qualität der Klangeigenschaften daher durch die Kombination von Konus-Lautsprecherchassis im Bassbereich, Excitern im Hochtonbereich und komplexen Frequenzweichen, wie es im Technikjargon heißt. Das bedeutet: „Zum Einsatz kommt ein patentierter Flächenschallwandler. Das ist ein sehr kraftvolles Gerät, das die Membran zum Schwingen bringt“, erklärt Audio-Solutions-Experte Thomas Spiesberger. „Die unsichtbare Technik hat auch den Vorteil, dass man in Räumen nicht auf optische Fluchten oder Symmetrien achten muss. Auch Surroundsysteme lassen sich so dezent integrieren.“

Tonskulpturen. Möglichkeiten, Design mit Technik und Klang für höchste Ansprüche zu vereinen, bieten Lautsprecherskulpturen aus Stein und Beton, mit denen das Inveoo-Team ebenfalls arbeitet. Mit dem Konzept des „Customized Hi-Fi“ kann man Hörpräferenzen und ästhetische Vorgaben auf einen Nenner bringen. Zu definieren ist dabei stets auch, welche Ansprüche man in den unterschiedlichen Räumen überhaupt stellt – beschränkt man sich im Badezimmer auf morgendliche Radioklänge, gibt es einen hauseigenen Kinoraum, der entsprechend bespielt werden will, oder soll der Fernseher im Wohnzimmer optisch überhaupt ganz in den Hintergrund rücken? „Hier bietet etwa Samsung Modelle, die gewissermaßen als dezent beleuchteter Rahmen fungieren, auf die Bildschirmfläche können Bilder projiziert werden.“

Dem Hörgenuss in den eigenen vier Wänden wird jedenfalls zusehends größere Aufmerksamkeit zuteil. „Vor Jahren ist eine eigene Lichtplanung bei Wohnprojekten noch belächelt worden, mittlerweile gehört sie zum Standard“, sagt Spiesberger. In Bezug auf die Raumakustik sei man zwar noch nicht ganz so weit vorangeschritten, meint der Experte, „in gehobenen Einfamilienhausprojekten werden aber bereits Licht- und Audioplaner engagiert“.

("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 28.02.2020)

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