Gastkommentar

Energieschub für Spitzenforschung dringend gebraucht

Die Zeit ist reif für eine ambitionierte Exzellenzinitiative. Just do it!

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Eines ist sicher: Auch im 21. Jahrhundert wird der Wohlstand Österreichs nicht durch Bodenschätze gesichert. Der Schatz, von dem eine Exportnation wie Österreich lebt, liegt nicht zwischen Neusiedler See und Bodensee in der Erde vergraben. Nein, das Kapital des 21. Jahrhunderts findet man woanders – in den Laboren, Bibliotheken und Forschungsstätten des Landes. Es entsteht in den Köpfen Tausender Forscherinnen und Forscher, deren Erkenntnisse die Grundlage für Innovation und Wohlstand bilden.

In dieses enorme kreative Potenzial investiert der Bund bislang zu zaghaft, wie auch die OECD bescheinigt – obwohl die Weichen, die gestellt werden müssen, um einen nachhaltigen Energieschub für Österreichs Spitzenforschung auszulösen, bekannt sind. Die chronische Unterfinanzierung der kompetitiven Grundlagenforschung ist nur ein Aspekt. Aktuell wird die Spitzenforschung durch mangelnde Perspektiven, eine nicht adäquate Ausstattung der Universitäten und brachliegende Potenziale gebremst. Andere Forschungsnationen, vor allem die Schweiz und Deutschland, stehen im Vergleich deutlich besser da. So überrascht es kaum, dass Österreich in diese Länder weit mehr Talente und Ideen exportiert, als es umgekehrt anziehen kann.

Was braucht es also? Ein Erfolg versprechendes Modell liegt jetzt in Form einer Exzellenzinitiative für Österreichs Spitzenforschung auf dem Tisch. Die Zeit ist reif, diesen großen Schritt in Richtung von mehr Synergien und Wettbewerb zu setzen. Die Exzellenzinitiative bietet, wie im aktuellen Regierungsprogramm festgehalten, die einmalige Chance für den Bund, für einen nachhaltigen Energieschub zu sorgen. Das Vertrauen in die Bundesregierung, jetzt die Umsetzung zu starten, ist derzeit noch groß. Alle darin enthaltenen Förderaktivitäten sind themenoffen und anwendungsbreit, der Grundlagenforschung gewidmet und bringen einen vielseitigen gesellschaftlichen Mehrwert mit sich. Universitäten werden in ihrer Strategieentwicklung unterstützt und die Forschungslandschaft in Österreich insgesamt bereichert.

Die nach internationalen Standards entwickelte Exzellenzinitiative wird die Spitzenforschung weiter ankurbeln und so nicht nur den Wissenschafts-, sondern auch den Wirtschaftsstandort stärken und Österreich deutlich näher an die wichtigsten Innovationsländer führen. Halbherzige und provisorische Lösungen hingegen schaffen Unsicherheit, reduzieren das Vertrauen in den Forschungsstandort und erzeugen Stillstand. In einem dynamischen Umfeld gilt: Wer stehen bleibt, wird überholt.

Wer steht, wird überholt

Man stelle sich vor: Österreichs Forschungsstätten werden durch die Exzellenzinitiative in die Lage versetzt, zukunftsweisende Schwerpunkte weiter zu stärken und bestehende Profile zu schärfen. Forschende gewinnen dringend notwendige Freiräume für unkonventionelle Ansätze und eine höhere Risikobereitschaft. Österreichs Forschungslandschaft kann im globalen Wettbewerb um exzellente Forschende besser reüssieren und dem hoch qualifizierten Nachwuchs attraktivere Perspektiven bieten. Für Österreichs Unternehmen wird es leichter, ihre hohe Innovationskraft weiter entfalten zu können. Das gilt besonders für jene Hochtechnologie-Sektoren, die auf neuesten Forschungserkenntnissen aufbauen und Arbeitsplätze mit Zukunft bieten.

Mit dem Elan, den die Exzellenzinitiative bringt, kann Österreichs Spitzenforschung mehr von jenen Schätzen heben, von denen alle Menschen langfristig profitieren: Erkenntnisse, Wissen und Antworten für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

Antonio Loprieno (* 1955) ist Präsident des österr. Wissenschaftsrates und des europ. Dachverbandes der Akademien der Wissenschaften Allea. Klement Tockner (* 1962) ist Präsident des Wissenschaftsfonds FWF.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2020)

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