Asyl

Wieder mehr Flüchtlinge in Europa

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Asylanträge in der EU erstmals seit dem Krisenjahr 2015 wieder gestiegen.
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Asylanträge in der EU erstmals seit dem Krisenjahr 2015 wieder gestiegen. (c) Clemens Fabry
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Erstmals seit 2015 steigt die Zahl der Asylanträge wieder. In Österreich gab es im Vorjahr noch einen Rückgang, seit Dezember sind aber auch hier steigende Antragszahlen zu verzeichnen.

Wien. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Asylanträge in der EU erstmals seit dem Krisenjahr 2015 wieder gestiegen. 714.200 Personen suchten 2019 in der EU, Norwegen und der Schweiz (EU+) um Asyl an – das sind um 13 Prozent mehr als 2018, wie das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) am Mittwoch mitteilte.

Der Anstieg ist vor allem auf die starke Zunahme von Anträgen von Personen aus Lateinamerika – so können etwa Venezolaner oder Kolumbianer visafrei in Spanien einreisen – zurückzuführen. Mit 45.000 verdoppelte sich die Zahl der Anträge aus dem Krisenland Venezuela, sprunghaft stieg auch die Zahl der Anträge aus Kolumbien und El Salvador an.

Aber auch Afghanen stellten um ein Drittel mehr Anträge als noch im Vorjahr. Aus Syrien kamen mit über 72.000 erneut die meisten Asylanträge. Unter den Top Ten der Herkunftsländer finden sich neben Syrien, Afghanistan, Venezuela und Kolumbien auch der Iran, Pakistan, die Türkei, der Iran, Nigeria und Albanien. Starke Zuwächse – ausgehend von einem niedrigen Niveau – gab es bei Anträgen aus Kuba, der Republik Moldau, der Demokratischen Republik Kongo, Angola und China.

Große Chancen für Syrer

Insgesamt kam ein Viertel aller Asylansuchen von Menschen, die visafrei in den Schengen-Raum einreisen können. Allerdings haben diese auch – mit Ausnahme von El Salvador (37 Prozent) – eine relativ niedrige Anerkennungsquote. Die höchste Anerkennungsrate haben Syrer (85 Prozent), Jemeniten (82 Prozent) und Eritreer (81 Prozent). Nordmazedonier und Moldauer haben am wenigsten Chancen auf einen positiven Bescheid (ein Prozent). Albanien ist Anwärter für EU-Beitrittsgespräche. Auch venezolanische und afghanische Staatsbürger haben derzeit eine relativ niedrige Anerkennungsquote. Insgesamt führte ein Drittel der Anträge laut EASO zu positiven Entscheidungen.

Bei zehn Prozent aller Anträge handelt es sich um Folgeanträge im gleichen Land, sie wurden also von Personen gestellt, denen schon einmal Asyl verwehrt wurde. Insgesamt wurden in erster Instanz über 570.000 Asylentscheidungen getroffen.

Die aktuellen EASO-Zahlen geben noch keine Auskunft darüber, wie viele Asylanträge in welchem EU-Land gestellt wurden. Wie die spanische Tageszeitung „El País“ berichtete, ist Spanien aufgrund des starken Anstiegs aus Lateinamerika erstmals das Land mit der höchsten Zahl von Asylanträgen. Derzeit stammen rund 35 Prozent der Anträge von Venezolanern, 25 Prozent von Kolumbianern, 5,8 Prozent von Honduranern, fünf Prozent von Nicaraguanern und vier Prozent von Salvadorianern. Im Rest der EU sind Syrer, Afghanen und Iraker die Top-Nationalitäten.

Rückgang in Österreich

In Österreich sind die Asylantragszahlen im Vorjahr um neun Prozent auf 12.500 zurückgegangen. Allerdings ist es auch bei uns in jüngster Zeit wieder zu einem Anstieg gekommen: So war der Dezember der antragsstärkste Monat des Vorjahres, und im Jänner dieses Jahres wurden über 1500 Anträge gestellt, eine Steigerung von 48 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat 2019.

Was die antragsstärksten Nationen angeht, stehen in Österreich mittlerweile fast schon traditionell Afghanen und Syrer an der Spitze, die rund 40 Prozent aller Asylansuchen stellen. Unter den Top Ten finden sich mit Nigerianern, Georgiern und Indern auch Nationen, bei denen es kaum Chancen auf Asyl gibt. So gab es 354 Ansuchen von Indern, aber kein einziger wurde positiv beschieden. Fast die Hälfte aller Anträge in Österreich wurden positiv entschieden, 9500-mal ist im Vorjahr Asyl vergeben worden, bei 10.100 Ablehnungen. Subsidiärer Schutz wurde knapp 2200-mal zuerkannt. Dazu kamen noch fast 1900 Zuerkennungen eines humanitären Aufenthaltstitels.

Besonders gute Aussichten auf Asyl haben Syrer mit fast 89 Prozent Anerkennung und Iraner, deren Anträge zu zwei Dritteln positiv beschieden wurden. Beim subsidiären Schutz stehen mit Abstand die Afghanen an der Spitze. Mehr als die Hälfte der anerkannten Anträge kamen von Flüchtlingen aus diesem Land. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2020)

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