Lebensversicherungen

Wann „ewiges Rücktrittsrecht“ nicht gilt

Das sogenannte ewige Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungsverträgen gilt nicht bei jedem Fehler.
Das sogenannte ewige Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungsverträgen gilt nicht bei jedem Fehler. (c) imago/blickwinkel (imago stock&people)
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Lebensversicherung: nicht jeder Fehler erlaubt Ausstieg.

Wien. Das sogenannte ewige Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungsverträgen beschäftigte bereits mehrmals den Europäischen Gerichtshof (EuGH), auch aufgrund von Auslegungsfragen von österreichischen Gerichten. Es geht dabei um Verträge, bei denen der Versicherer den Kunden nicht oder nicht korrekt über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Einen derartigen Fall hat nun der Oberste Gerichtshof (OGH) auf Grundlage der jüngsten EuGH-Judikatur entschieden.

Geklagt hatte ein Rechtsanwalt, der im Jahr 1999 eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen hatte. Im Jahr 2017 – rund drei Jahre nach Auszahlung der Versicherungssumme – erklärte er den Vertragsrücktritt. Und zwar mit der Begründung, die Widerrufsbelehrung sei falsch gewesen. Denn der Versicherer habe für Widerrufserklärungen die Schriftform verlangt, obwohl die österreichische Rechtslage das nicht vorsieht.

Keine große Erschwernis

Im Dezember des Vorjahres hatte der EuGH zwar bestätigt, dass das Rücktrittsrecht wegen einer fehlenden oder falschen Widerrufsbelehrung auch noch bestehen kann, wenn der Versicherungsvertrag bereits abgelaufen und die Versicherungssumme ausbezahlt ist. Besteht der Fehler des Versicherers jedoch bloß darin, dass er für die Rücktrittserklärung ein gesetzlich nicht vorgesehenes Formerfordernis verlangt hat, beginnt die Rücktrittsfrist trotzdem zu laufen. Das unbefristete, „ewige“ Rücktrittsrecht fällt dann flach.

Auf Basis dieser Judikatur (C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18) entschied nun der OGH, dass der Kunde seinen Vertrag nicht mehr rückabwickeln lassen kann. Wenn bloß irrtümlich die Schriftform verlangt wurde, bedeute das keine wesentliche Erschwernis bei der Ausübung des Rücktrittsrechts (7 Ob4/20v). Die Rücktrittsfrist habe mit Zugang der Polizze im Jahr 1999 zu laufen begonnen – und war somit im Jahr 2017 längst vorbei. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2020)

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