EU-Staaten sollten beginnen, über abgestimmte Stabilisierungsprogramme nachzudenken, sagt der Ökonom Guntram Wolff.
Brüssel. 92 Seiten lang ist der Bericht, mit dem die Europäische Kommission turnusmäßig Italiens Regierung allerlei Ratschläge, Mahnungen und Ermunterungen in Fragen der Wirtschafts-, Haushalts- und Sozialpolitik gibt. Das Wort „Coronavirus“ kommt in diesem am Mittwoch beschlossenen Papier kein einziges Mal vor. Bei dessen Vorstellung im Rahmen einer Pressekonferenz sind sowohl Vizepräsident Valdis Dombrovskis als auch Wirtschafts- und Währungskommissar Paolo Gentiloni angestrengt darum bemüht, das Wort „Rezession“ nur ja nicht in den Mund zu nehmen. „Die einzige Gewissheit ist, dass das eine Auswirkung auf die Wirtschaft haben wird“, sagte der frühere italienische Ministerpräsident Gentiloni. „Es gibt noch große Ungewissheit, weil wir nicht wissen, wie sich diese Epidemien ausbreiten und die wirtschaftlichen Sektoren treffen werden“, fügte Dombrovskis, der vor einem Jahrzehnt lettischer Regierungschef während der Finanzkrise war, hinzu.
Erst vor zwei Wochen hatte die Kommission ihre Winterprognose für die Entwicklung der Weltwirtschaft im heurigen und kommenden Jahr veröffentlicht. „Stetiges, moderates Wachstum“ sei zu erwarten: 1,2 Prozent sowohl 2020 als auch 2021 für die Eurozone, und jeweils 1,4 Prozent für die gesamte Union. „Der Ausbruch und die Verbreitung des Coronavirus und sein Einfluss auf die öffentliche Gesundheit, Menschenleben und wirtschaftliche Aktivität ist eine Quelle wachsender Sorge“, hielten die Ökonomen der Kommission damals fest. „Die Grundannahme ist, dass der Ausbruch in China seinen Höhepunkt im ersten Quartal erreicht, mit relativ begrenzten globalen Auswirkungen.“ Doch sie warnen: „Je länger er dauert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Folgeeffekte auf die wirtschaftliche Stimmung und die globalen Finanzbedingungen.“ Die deutsche Industrie sei „längeren Auswirkungen des Coronavirus auf den Welthandel und Wertschöpfungsketten besonders stark ausgesetzt“.