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Ende einer Ära: Walt-Disney-Chef tritt zurück

Disney-Chef Bob Iger geht nach 15 Jahren.
Disney-Chef Bob Iger geht nach 15 Jahren.APA/AFP/NICHOLAS KAMM
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Bob Iger hat den Konzern auf die Erfolgsspur zurückgebracht. Sein Rücktritt kommt überraschend.

Burbank. Beim US-Unterhaltungsriesen Walt Disney endet eine Ära: Der langjährige Vorstandschef Bob Iger – einer der bekanntesten US-Wirtschaftsbosse – tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Zum Nachfolger wurde Disney-Manager Bob Chapek ernannt, der zuletzt für die Vergnügungsparksparte zuständig war.

Mit dem am Dienstag nach US-Börsenschluss verkündeten Spitzenwechsel lieferte Disney eine Überraschung, die viele Anleger und Analysten auf dem falschen Fuß erwischte. Die Wahl Chapeks wirft zudem Fragen auf.

Nach dem Start des Streaming-Services Disney+ glaube er, dass nun der optimale Zeitpunkt sei, das Amt an einen neuen Vorstandschef zu übergeben, sagte Iger. Chapek ist seit 27 Jahren für Disney tätig, in den vergangenen fünf Jahren war er für das florierende Geschäft mit Themenparks und Resorts verantwortlich. „Bob wird der siebente Vorstandschef in Disneys fast 100-jähriger Geschichte sein, und er hat sich selbst als außergewöhnlich qualifiziert erwiesen, das Unternehmen ins nächste Jahrhundert zu führen“, lobte Iger.

Igers Rücktritt kommt unerwartet, auch wenn er schon lange seinen Ruhestand erwägt. Der 69-Jährige war 15 Jahre an der Konzernspitze, er hatte den Chefposten 2005 von Michael Eisner übernommen. Iger prägte den Konzern mit den Übernahmen von Studios wie Pixar, Marvel und Lucasfilm sowie großer Teile des Konkurrenten 21st Century Fox. Er wird Disney noch bis Ende 2021 als geschäftsführender Verwaltungsratschef erhalten bleiben.

An der Wall Street sorgte der plötzliche Wechsel für Verblüffung, auch weil Disney keinen Nachfolger für Chapeks Posten präsentierte. „Es ist eine gewaltige Überraschung“, sage Laura Martin vom Investmenthaus Needham & Co im Finanzsender Bloomberg TV. Meist versuchen börsenotierte Unternehmen, die Märkte sachte auf wichtige Personalwechsel vorzubereiten. Die Hau-ruck-Verkündung Disneys – des mit einem Börsenwert von mehr als 230 Mrd. Dollar (212 Mrd. Euro) weltgrößten Unterhaltungskonzerns – stieß Anleger vor den Kopf. Die Aktie sank nachbörslich zeitweise um mehr als vier Prozent.

Zudem verwundert die Personalie Chapek durchaus einige Beobachter. Denn eigentlich dreht sich im Unterhaltungsgeschäft länger alles ums Streaming und nicht um Themenparks. Viele Experten hatten deshalb Kevin Mayer als Iger-Erbe auf dem Schirm gehabt. Der leitet Disneys Streaming-Services und ist auch schon seit mehr als zwei Jahrzehnten im Konzern. Dass die Wahl nicht auf ihn fiel, ist umso erstaunlicher, da Disneys Angriff im Streaming-Markt gerade erst begonnen hat.

Streaming-Service ist ein Erfolg

Denn Igers letzter großer Wurf war der Streaming-Service Disney+, der in den USA am 12. November Premiere gefeiert hatte. Mit dem Angebot eröffnete Disney die Jagd auf Netflix, das der klassischen TV- und Filmindustrie viele Kunden abjagte. Der Start von Disney+ war ein Erfolg, in weniger als drei Monaten wurden dank niedriger Preise und beliebter Produktionen wie der „Star Wars“-Serie „The Mandalorian“ fast 29 Millionen Kunden gewonnen.

Chapek erwarten auch große Baustellen. So birgt die Streaming-Offensive hohe Risken und verschlingt viel Geld, was im jüngsten Quartal für einen Gewinneinbruch sorgte. In den drei Monaten bis Ende Dezember fiel das Nettoergebnis aus dem fortgeführten Geschäft im Jahresvergleich um 23 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar. Der Umsatz stieg um ein Drittel auf 20,9 Milliarden Dollar. Das Sorgenkind des Konzerns ist jedoch der Sportsender ESPN, der unter sinkenden Abos und Werbeeinnahmen leidet, aber einen großen Teil der Erlöse einspielt. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2020)

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