Randerscheinung

Eingeschüchtert im Riesenkinosaal

(c) Carolina Frank
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Es ist kalt und, anders als normalerweise im Kino, fühle ich mich nicht geborgen, sondern irgendwie seltsam exponiert.

Der Jüngste verschwindet in diesem Sesselungetüm neben mir, ist hinter dem großen Popcornkübel ohnehin kaum zu sehen und hat in einer massiven Halterung neben sich einen guten Liter Eistee im Strohhalmbecher stehen. Wir sitzen in einem ­niegelnagelneuen Riesenkinosaal und warten auf den Beginn der Vorstellung. Ich gehe ja regelmäßig und gern ins Kino, allerdings nicht so oft in Filme, die sie in den ganz großen Sälen spielen (außer im Gartenbaukino oder in der Urania). Jedenfalls schüchtert mich die Kubatur des Raums fast ein bisserl ein, es ist auch kalt und, anders als normalerweise im Kino, fühle ich mich nicht geborgen, sondern irgendwie seltsam exponiert. Es riecht nach neuem Auto, was mit den vielen Ledersesseln zu tun hat, die hier verbaut wurden. Die ersten Reihen, normalerweise die billigen Plätze, bei denen man sich den Nacken vertut, sind hier mit so einer Art Liegebestuhlung Richtung VIP-Bereich möbliert. So etwas Ähnliches gibt es dann auch – mit etwas Abstand zum Rest – dort, wo man es vermuten würde, nämlich ganz hinten in dem Saal. Als die Lichter endlich ausgehen und das Soundsystem hochfährt, bin ich froh, dass ich keinen Herzschrittmacher habe, der außer Tritt geraten könnte. Der Film ist natürlich in 3-D gedreht, ich dachte, das hat sich nach einem Hype vor ein paar Jahren inzwischen wieder aufgehört. Ich verstehe immer noch nicht ganz, wofür es gut sein soll, weil statt mich in der Handlung verlieren zu können, erinnert mich die störende Brille immer wieder daran, dass ich nur einen Film sehe. Als die Lichter schließlich wieder angehen, summt es noch ein bisschen im Ohr wie nach einem Konzertbesuch zu nah an der Box. Rechts von mir ist der Kübel leer, der Becher auch, und der Bub schaut sehr zufrieden aus. Na dann.

("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 28.02.2020)

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