Nationalrat

Der verweigerte Schulterschluss

Gesundheitsexpertin und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (im Bild) fordert eine bessere Information der Bevölkerung. Die Minister Rudolf Anschober und Karl Nehammer wollen einen nationalen Schulterschluss bei der Bekämpfung des Coronavirus.
Gesundheitsexpertin und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (im Bild) fordert eine bessere Information der Bevölkerung. Die Minister Rudolf Anschober und Karl Nehammer wollen einen nationalen Schulterschluss bei der Bekämpfung des Coronavirus.(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Regierung fordert nationale Einigkeit beim Coronavirus. Die Opposition kritisiert mangelnde Information der Bevölkerung.

Wien. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ist offenkundig um Beruhigung bemüht. „Corona ist absolut kein Todesurteil“, sagt er am Donnerstag im Nationalrat. Es gehe jetzt darum, dass aus einer Epidemie keine Pandemie werde. Und dafür sei eine „Politik der ruhigen Hand“ notwendig.

Grenzsperren gehören seiner Ansicht nach nicht dazu: „Ich bevorzuge eine Abgrenzung vom Virus gegenüber einer Eingrenzung des Landes.“ Und Anschober plädiert – mit Blick auf die Oppositionsbänke – für eine nationale Zusammenarbeit. Das macht auch sein Ministerkollege Karl Nehammer (ÖVP) – und erntet kurz darauf Gelächter aus den Reihen der FPÖ, als er über die Absperrung eines Hotels in Innsbruck berichtet.

Alle haben die Bilder aus einer ORF-Nachrichtensendung im Kopf, auf denen ein Mann das streng abgesperrte Hotel mit einem Roller verlässt. „Ich bitte Sie, nicht mit Spott und Häme zu reagieren“, sagt Nehammer in Richtung FPÖ. Man solle die Situation auch nicht für Polemik nutzen, „Besonnenheit und Vertrauen in die Sicherheitsbehörden“ seien jetzt angebracht.

Von Spott und Häme ist nichts zu hören, als mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner die erste Oppositionspolitikerin ans Rednerpult tritt. Die frühere Sektionschefin für öffentliche Gesundheit ist in diesem Umfeld die eigentliche Expertin für dieses Thema. Sie fordert eine Informationsoffensive für die Bevölkerung. Und man müsse rascher und effizienter werden: „Wir dürfen dem Virus nicht hinterherhinken, wir müssen ihm einen Schritt voraus sein.“

Mit Angriffen auf die Regierung hält sich die SPÖ-Chefin diesmal nobel zurück. Nicht so der freiheitliche Klubchef, Herbert Kickl, der in üblicher Manier gegen Türkis-Grün ausreitet: Die Regierung sei „heillos überfordert“, sie habe „Polizisten verhöhnt“, indem sie sie mit abgelaufenen Schutzmasken ausgestattet habe, er vermisst eine Info-Kampagne mit einer „Corona-App“, TV-Spots, Inseraten und Flugblättern. In dem Fall hätten Regierungsinserate ihren Sinn. „Die schwarzen Sprechroboter geraten ans Ende der Leistungsfähigkeit“, sagt er in Richtung Nehammer. Schelte gibt es auch für die Medien: Sie würden hyperventilieren und die Sache mit zahllosen Sendungen aufplustern. Und Kickl verabsäumt es nicht, das übliche FPÖ-Thema anzubringen: „Illegale Ausländer“ müssten nun interniert werden, so seine Forderung.

Kickl habe gerade zugegeben, dass die Regierungsinserate aus seiner Zeit als Innenminister keinen Sinn hatten, greift Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker den Ball auf. Auch die Neos plädieren für eine bessere Information der Bevölkerung. Drei verschiedene Hotlines würden für Unklarheit sorgen. Und Loacker kritisiert auch, dass es der Regierung nicht um die Sache, sondern um die Inszenierung gehe: „Was ist das für ein Krisenstab, in dem nicht nur der Bundeskanzler, sondern auch mehrere Minister sitzen.“ In Unternehmen würden Fachleute den Krisenstab bilden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2020)

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