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Thyssenkrupp verkauft das Tafelsilber: Milliarden für Aufzugssparte

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Das Unternehmen trennt sich von seiner wertvollsten Sparte. Mit dem Geld will man Schulden abbauen, Pensionsverpflichtungen decken und den Konzernumbau finanzieren.

Thyssenkrupp trennt sich für 17,2 Mrd. Euro von seinem wertvollsten Unternehmensbereich. Der angeschlagene deutsche Stahl- und Industriekonzern verkauft seine hoch profitable Aufzugssparte an ein Konsortium um die internationalen Finanzinvestoren Advent und Cinven sowie die RAG-Stiftung. Mit dem Geld will man Schulden abbauen, Pensionsverpflichtungen decken und den Konzernumbau finanzieren.

Mit dem Verkauf könne Thyssenkrupp "wieder Fahrt aufnehmen", sagte die Vorstandsvorsitzende Martina Merz am Donnerstagabend laut Mitteilung. "Wir haben nicht nur einen sehr guten Preis erzielt, sondern werden die Transaktion auch zügig abschließen können." Die Krupp-Stiftung, der größte Aktionär des Konzerns, nannte den Verkauf "richtig". Thyssenkrupp müsse wieder wettbewerbs- und dividendenfähig werden. Das sei auch im Sinne aller Beschäftigten.

Zufrieden äußerte sich auch die IG Metall. Mit den künftigen Eigentümern sei eine Standort- und Beschäftigungssicherung vereinbart worden. Sie laufe mindestens bis zum 31. März 2027. Während dieser siebenjährigen Laufzeit seien betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen, alle bestehenden Standorte in Deutschland blieben mit ihren wesentlichen Funktionen erhalten und sollten gestärkt werden.

Zu den Käufern gehört auch die milliardenschwere RAG-Stiftung aus Essen. Sie ist für die Finanzierung der dauerhaften Folgekosten des Steinkohlenbergbaus zuständig und dazu auf sichere Erträge ihres Kapitals angewiesen.

Verkauf bis 30. September

Die Aufzugssparte ist derzeit der einzige nennenswerte Gewinnbringer bei Thyssenkrupp. Während der Stahl tief in den roten Zahlen steckt, erzielte Thyssenkrupp mit dem Verkauf und der Wartung von Aufzügen und Rolltreppen verlässliche Gewinne. Allein im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres waren es operativ 228 Millionen Euro.

Weltweit beschäftigt Thyssenkrupp Elevator rund 53.000 Mitarbeiter, fast ein Drittel aller Beschäftigten des Konzerns.

Den Vollzug des Verkaufs erwartet Thyssenkrupp bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres am 30. September. Die Transaktion stehe unter dem Vorbehalt fusionskontrollrechtlicher Genehmigungen, man erwarte aber keine Bedenken der zuständigen Behörden, heißt es in der Mitteilung. Für einen Teil des Verkaufspreises in Höhe von 1,25 Mrd. Euro will Thyssenkrupp wieder Anteile am verkauften Aufzugsgeschäft erwerben.

Wie wertvoll die Aufzugssparte ist, zeigt ein Blick auf den Börsenkurs der aus dem Dax abgestiegenen Industrieikone. Nach einem monatelangen Absturz des Börsenkurses brachte Thyssenkrupp am Donnerstag nur noch eine Marktkapitalisierung von rund 5,7 Mrd. Euro auf die Waage.

Die Aufzugssparte ist aus Sicht der Investoren also drei Mal so wertvoll wie der gesamte Konzern.

Thyssenkrupp hatte zunächst einen Börsengang der Aufzugssparte vorbereitet, der mit dem Verkauf an die Finanzinvestoren abgesagt wird. Interesse hatten auch Konkurrenten wie der finnische Kone-Konzern. Die Finnen zogen sich aber aus dem Bieterrennen zurück. Zuletzt hatten auch noch die Investoren Blackstone, Carlyle und Canadian Pension Plan gemeinsam für die Aufzugssparte geboten.

Lage spitzte sich zu

Bei Thyssenkrupp hat sich in den vergangenen Monaten die Lage immer mehr zugespitzt. Die lange vorbereitete Fusion der Stahlsparte mit dem europäischen Zweig des indischen Stahlkonzern Tata war von der EU-Kommission untersagt worden. Eine Aufspaltung des Konzerns in zwei Aktiengesellschaften wurde darauf abgesagt. Vorstandschef Guido Kerkhoff musste nach nur gut einem Jahr im Amt seinen Hut nehmen. Im Oktober wechselte dann die Aufsichtsratsvorsitzende Martina Merz als Interimschef an die Spitze des Vorstands.

Nach dem Verkauf der Aufzugssparte soll der traditionsreiche Stahl wieder zum Kerngeschäft von Thyssenkrupp werden. Dort laufen die Geschäfte aktuell aber schlecht. Die Stahlsparte lieferte im ersten Quartal einen operativen Verlust von 164 Millionen Euro ab. Zunächst sollen bei Stahl 2.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Mittelfristig könnten weitere 800 Jobs wegfallen.

(APA/dpa)

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