Walk of Häme

Aschermittwoch war schon lustiger

Oder:  Warum bei den Hamsterkäufen immer die Vollkornspaghetti übrig bleiben.

Wenn man seine Landsleute noch besser kennenlernen will, als man dies ohnehin schon zu tun glaubt, dann hat man nun dazu Gelegenheit. Das Coronavirus wird uns also nicht nur helfen, danach unseren Alltag wieder mehr zu schätzen (und weniger als ewig gleiche Last und Bürde zu empfinden), sondern auch zu Erkenntnissen führen, die die Krise überdauern könnten.

Wie zum Beispiel: Wenn alle Lebensmittel in großen Supermärkten weggehamstert wurden, bleiben immer noch die Vollkornspaghetti übrig. Vor die Wahl gestellt zwischen Vollkornprodukt und Ansteckung, ist die Entscheidung offenbar keineswegs vollkommen klar. Interessant auch, dass mit Pasta, Dosentomaten, Fertigsugo und Pesto vor allem die italienische Küche helfen soll, die Ansteckungsgefahr in der selbst gewählten Isolation zu überdauern. Obwohl uns ja gerade aus Italien die meiste Gefahr droht. Dazu passt dann auch der uralte Witz, warum die Pizza das ideale Quarantäneessen ist? Weil man sie unter der Türe durchschieben kann.

Apropos Quarantäne: Nachdem die Lebensmittel ja schon gebunkert wurden, stellt sich nun die Frage, wie man die Stunden, Tage und Wochen bis zur Entwarnung herumbringt. Und da wird sich spätestens nach ein paar Tagen herausstellen, dass auf Netflix doch nicht mehr so viel Interessantes übrig geblieben ist, wie wir immer glauben, wenn die Zeit zum Schauen knapp ist. Hier ein Tipp: Die guten alten Gesellschaftsspiele wie „Mensch ärgere Dich nicht“ können mehr, als man vermuten würde, auch das Schachbrett könnte man einmal entstauben und schauen, ob die schwarzen und weißen Figuren vollständig sind, oder ein Puzzle mit mindestens 1000 Teilen zusammenbauen. Die Inkubationszeit endet nämlich genau dann, wenn das letzte Teil verbaut ist.

Neben den Hamsterkäufen gibt es auch noch andere Riten, die man nicht unbedingt verstehen muss. Politischer Aschermittwoch ist einer davon. Und der dürfte für die üblichen Protagonisten auch schon einmal lustiger gewesen sein. Besucherzahl, Location und Stimmung symbolisierten die Vergänglichkeit fast ebenso wuchtig wie das Aschenkreuz.

Wir werden jedenfalls überlegen, ob wir nicht doch noch schnell Vollkornspaghetti holen. Bevor die auch noch aus sind.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2020)

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