Wort der Woche

Strom-Systeme

Überschüssiger Ökostrom wird heute vor allem in Pumpspeicherkraftwerken zwischengelagert. Es gibt neben dieser immer noch wichtigsten Methode aber auch völlig neue Ideen.

Stromspeicher gelten als Schlüsseltechnologie für die Energiewende: Da die Sonne nicht immer scheint und der Wind weht, wann er will, schwankt das Stromangebot, zwischen ihm und der Nachfrage muss ein Ausgleich geschaffen werden. Das kann zum Teil durch Flexibilitäten im Netz erfolgen – etwa durch intelligente Netze („Smart Grids“) oder nachfrageseitige Maßnahmen (so können z. B. manche Industrieprozesse zeitlich etwas verschoben werden).

Unter Experten gilt als Faustregel, dass dadurch bis zu 60 Prozent fluktuierender Ökostrom im Netz aufgefangen werden können. Doch wenn Österreich in zehn Jahren hundert Prozent Ökostrom haben will, sind neue Speicher nötig. In Entwicklung sind Batteriespeicher zur Überbrückung kurzfristiger Schwankungen, die aber derzeit noch teuer sind. Erforscht wird auch der Einsatz von Wasserstoff (erzeugt durch Elektrolyse mithilfe von Ökostrom) – aber auch hier sind viele technische und wirtschaftliche Fragen offen.

Daher sind unverändert Pumpspeicherkraftwerke die wichtigsten Stromspeicher: In Zeiten von Stromüberschüssen wird Wasser in ein Staubecken hinaufgepumpt, in Mangelzeiten wird es durch eine Turbine wieder abgelassen. Es gibt noch viele Ausbaumöglichkeiten, wie Forscher um Julian Hunt (IIASA Laxenburg) berechnet haben: Durch geografische Analysen kamen sie auf ein Potenzial von 17,3 PWh – das entspricht 79 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs (Nature Communications 19. 2.).

Allerdings wurden dabei die vielen ökologischen Folgen von Wasserkraftwerken nicht berücksichtigt – von der Zerstörung von Lebensräumen über Veränderung in Zu- und Abflüssen bis hin zu Gefahren durch Staumauern. Es gibt aber auch andere Ideen. Hunt stellte kürzlich ein Konzept namens „Mountain Gravity Energy Storage“ (MGES) vor: Dabei wird in Zeiten von Stromüberschüssen Sand oder Geröll mit einer Art Lift vom Tal auf den Berg transportiert; kehrt man die Richtung um, kann die Masse einen Generator antreiben. Das ähnelt dem Prinzip von Pumpspeichern, vermeidet aber viele der mit Wasser verknüpften Probleme (Energy 190, 116419).

Eine ganz andere Idee verfolgen deutsche Forscher. Sie haben im Bodensee eine Hohlkugel aus Beton versenkt: Ist das Stromangebot hoch, wird Wasser herausgepumpt, beim Wiedereinströmen kann Strom erzeugt werden. Überlegt wird, mit solchen Kugelpumpspeichern Stromüberschüsse von Off-Shore-Windfarmen abzupuffern.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.