Musikverein

Mit Michael Jackson und den Spice Girls im Goldenen Saal

Goldene Saal im Musikverein (Archivbild).
Goldene Saal im Musikverein (Archivbild).(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Tag der offenen Tür im Musikverein: Eine fabelhafte Geburtstagsfeier mit ungewöhnlichen Gästen.

Die Schlange reichte bis zum Künstlerhaus: Hier standen jene, die keine Zählkarte ergattert hatten und auf das Restkontingent hofften. Der Musikverein feierte seinen 150. Geburtstag mit Konzerten in allen Sälen bei freiem Eintritt. Da heizte die Schlagwerkerformation Louie's Cage Percussion gleich zu Beginn im Goldenen Saal ein. „If You Wanna Be My Lover“ von den Spice Girls wurde ebenso auf bunten Klangröhren dargeboten wie Michael Jacksons „Smooth Criminal“ und ein Ausschnitt aus Rossinis „Wilhelm Tell“-Ouvertüre. Im Brahms-Saal brachten Trombone Attraction mit Berenike Heidecker die Streiche von „Max und Moritz“ dem (jungen) Publikum musikalisch näher. Nicht nur, dass überraschte, wie gut die Musiker den Text von Wilhelm Busch rezitierten – und auch durch spezielle Betonungen mit einer zusätzlichen Portion Humor würzten -, dazu bekam man Posaunenspiel der Extraklasse mit den flotten Kompositionen von Jan Koetsier. Als Nächster brachte Vahid Khadem-Missagh zusätzlich zum virtuosen Geigenspiel Zauberkunststücke. Zum Mitmachen lud Marko Simsa bei seiner Kinderliederschatzkiste ein, die Kinder zogen Taue zur deutschen Version von „What Shall We Do With a Drunken Sailor“ und ritten mit Cowboy Jim durch die Prärie.

Obonya statt Köhlmeier

Später bat man im Brahms-Saal den Violinvirtuosen Emmanuel Tjeknavorian und das Streicherduo Bartolomey Bittmann auf die Bühne (das vor zwei Jahren durch ein im Sekundentakt zwischen Wiener Schauplätzen wechselndes YouTube-Video noch bekannter wurde).

Bei generell exzellenter Organisation – die große Anzahl der Zuschauer verteilte sich gut auf die verschiedenen Säle und hatte abseits der Konzerte auch die Möglichkeit über die Arbeit des Geigenbauers und des Vergolders einiges zu erfahren oder sich selbst im Kurrentschriftlesen oder Komponieren zu versuchen – fand man auch für eine spontane Absage eine exzellente Lösung. Als hochkarätiger Ersatz für Michael Köhlmeier sprang niemand Geringerer als Cornelius Obonya ein und rezitierte Texte von Robert Gernhardt im Gläsernen Saal/Magna Auditorium. Nebenan im Metallenen Saal gaben Vertreter der beliebten Kinderschiene des Musikvereins eine Kostprobe. Bei KlingKlang konnte man kroatische und armenische Volksmusik hören, bei Agathes Wunderkoffer ließ es das „experimentelle Stimmbandkollektiv“ HALS sehr gekonnt allein mit den Stimmen grooven und swingen und Albertos Musikmaus Topolina ging auf gewohnt amüsante und hochqualitativ begleitete Art zum Markt einkaufen.

Im Metallenen Saal gaben Vertreter der beliebten Kinderschiene eine Kostprobe, im gut gefüllten Goldenen Saal lauschte das Publikum währenddessen der 2011 renovierten Orgel, von Wolfgang Kogert konventionell präsentiert. Die ganze Fülle eines großen Orchesters machten hier später noch das Oberstufenorchester des Musikgymnasiums Wien und der Orchesterverein der Gesellschaft der Musikfreunde mit Mahler und Schubert erfahrbar – bevor der hauseigene Singverein zuerst mit Publikum, dann allein „Freude schöner Götterfunken“ intonierte. Ein höchst gelungenes, besonders vielseitiges Geburtstagsfest, man kann nur gratulieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2020)

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