Gefährdete Arten

"Bestäuberschutz" für massiv gefährdete Wildbienen

Wildbiene
Wildbiene(c) APA/HEINZ WIESBAUER (HEINZ WIESBAUER)
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Experten warnen vor „dramatischer Situation“ und treten für eine Forschungs- und Bildungsoffensive ein.

Angesichts der „dramatischen Situation“ der Wildbienen hat sich an der Uni Salzburg der „Österreichische Wildbienenrat“ konstituiert. Die Experten für Insekten, Ökologie und Biodiversität fordern ein allgemeines „Umdenken und Umlenken“ und sehen im "Bestäuberschutz ein Gebot der Stunde", heißt es in einer Aussendung, in der sie sich für eine Forschungs- und Bildungsoffensive aussprechen.

Wie dramatisch die Situation der Wildbienen ist, würden Daten aus Deutschland zeigen, die direkte Rückschlüsse auf Österreich zulassen, so der Biologe und Mitglied des Bienenrats, Johann Neumayer. Er verweist auf die vor einigen Jahren veröffentlichte Studie, wonach die Insektenbiomasse im vergangenen Vierteljahrhundert um mehr als 75 Prozent abgenommen hat, wovon auch die Bienen zumindest proportional betroffen seien. Zudem seien laut der aktuellen Roten Liste mehr als die Hälfte der Bienen Deutschlands gefährdet.

Mehr als 700 Arten in Österreich nachgewiesen

In Österreich würden allerdings belastbare aktuelle Daten für eine Detailbeurteilung der Situation und damit auch für zielgerichtete Schutzprioritäten und Maßnahmen fehlen. So gebe es im Gegensatz zu vielen anderen Ländern keine Rote Liste der mehr als 700 hierzulande nachgewiesenen Bienenarten.

Der Wildbienenrat fordert daher dringend die Erstellung einer solchen Roten Liste sowie ein fundiertes Monitoring nach dem Vorbild Deutschlands und der Schweiz. „Wer die Landschaft so intensiv nutzt, wie wir es tun, muss die Folgen für die Artenvielfalt erkennen können“, betonen die Experten.

Sägen an Lebensgrundlagen

Der Wildbienenrat will sich dafür einsetzen, dass in Österreich der Schutz von bestäubenden Insekten in Privatgärten, auf Agrar- und öffentlichen Flächen Priorität bekommt. „Ein Umdenken und Umlenken ist dringend geboten, denn die Weiterführung der bisherigen Praxis sägt an unseren Lebensgrundlagen“, betonen die Experten unter Verweis auf die Bedeutung der Bestäubung durch Insekten. Zudem helfe der Schutz von Bienen auch vielen weiteren Tausenden Tier- und Pflanzenarten.

Ein Problem orten die Experten auch darin, dass nur noch wenige Menschen Wildbienen-Arten kennen und zuverlässig bestimmen können, weshalb es „höchste Zeit für eine Ausbildungsoffensive ist“. Deshalb unterstützt der Wildbienenrat die Ausbildung Interessierter durch Bestimmungskurse, Führungen, Exkursionen, Schulprojekte oder über Online-Plattformen wie www.naturbeobachtung.at.

Neues Buch über Lebensweise der Insekten

Passend zur Experteninitiative für dei Bienen erscheint dieser Tage ein Fachbuch in Neuauflage. Auch darin warnt Wildbienen-Experte Heinz Wiesbauer, dass die Gefährdung der Bienen massiv zugenommen habe.

Bereits 2017 hat der Landschaftsökologe und -planer mit „Wilde Bienen“ ein umfangreiches Werk zu dieser artenreichen Ordnung der Hautflügler veröffentlicht. Stand damals noch die Bienenfauna Österreichs im Mittelpunkt, liegt der Fokus der zweiten Auflage ("Wilde Bienen - Biologie, Lebensraumdynamik und Gefährdung", Ulmer Verlag, 480 S., 46,30 Euro) nun auf Mitteleuropa.

Grund für die - noch - große Bienen-Vielfalt hierzulande ist das Zusammentreffen zweier Klimazonen sowie eine große Bandbreite an unterschiedlichen Höhenstufen. So kommen hier so unterschiedliche Spezies wie die Steppenbiene und die Holzbiene vor. Erstere ist die mit vier Millimeter kleinste heimische Art, letztere wird bis zu 30 Millimeter lang und wiegt mehr als das Siebenhundertfache wie ihre winzige Verwandte.

Winzige Populationen verschwinden unbemerkt

Doch Wiesbauer zeichnet im Gespräch mit der APA ein düsteres Bild: „Den Wildbienen geht es wahnsinnig schlecht.“ Er ortet ein „schleichendes Artensterben“, Tag für Tag würden Arten unbemerkt verschwinden. Unbemerkt deshalb, weil es keine Inventarisierung gebe und Arten teilweise nur in winzigen Populationen mit vielleicht 50 Individuen vorkommen würden.

Die Gründe für das Artensterben sieht der Experte u.a. im Ausräumen der immer intensiver genutzten Landschaft, im Spritzmitteleinsatz und den klimatischen Veränderungen. Der Verlust der kleinräumigen Kulturlandschaft, der Trend zu immer größeren Bewirtschaftungseinheiten und das "Saubermachen" der Landschaft schränkt die teilweise hochspezialisierten Lebensräume und Nistplätze der Insekten massiv ein.

(APA)

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