Quergeschrieben

Gehörlose Menschen können alles – außer hören

Die WHO hat 2007 den 3. März zum Welttag des Hörens erklärt. Mehr als 70 Millionen Menschen weltweit leben in einer Welt kompletter Stille.

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Es gibt dumme Sprichwörter. Wer nicht hören will, muss fühlen, ist so eines. Was passiert mit dem, der nicht hören kann? „Don't let hearing loss limit you!“, ist das diesjährige WHO-Motto für den Welttag des Hörens: „Lassen Sie sich von Hörverlust nicht einschränken!“ Schön formuliert. Bloß lässt sich vermutlich kaum jemand freiwillig einschränken, sondern wird unfreiwillig behindert (gemacht). Nur rund ein Prozent der österreichischen Gehörlosen schließt ein Studium ab (im etwa gleich großen Schweden sind es fünfzig Mal so viele); gehörlose Jugendliche sind in Wien doppelt so häufig arbeitslos wie ihre hörenden Altersgenossen – nicht, weil sie dümmer sind, sondern weil sie diskriminiert werden und es an mutter-, also gebärdensprachlicher Förderung und inklusiver Bildung mangelt. Es ist noch keine Ewigkeit her, da wurden gehörlosen Kindern sogar die Hände am Rücken zusammengebunden, damit sie nicht gebärden können.

450.000 Menschen in Österreich, 360 Millionen auf der ganzen Welt sind hochgradig hörgemindert, darunter 32 Millionen Kinder. 1,1 Milliarden junge Menschen laufen Gefahr, ihr Gehör durch zu lautes Musikhören nachhaltig zu schädigen. Zweitgrößter krankmachender Umweltfaktor nach der Luftverschmutzung ist nämlich, so die WHO, Lärm. Her mit der Lärmscham! Die normale Gesprächslautstärke liegt bei 40 bis 60 Dezibel, ab 85 Dezibel (dauernder dichter Straßenverkehr) wird's gesundheitsgefährdend, Rockkonzerte erreichen etwa 110 bis 120 Dezibel. Der Hörverlust im Hochfrequenzbereich hat sich bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland in einem Zeitraum von 24 Jahren nahezu verdoppelt, das wird in Österreich und dem restlichen Europa wohl nicht so viel anders sein.

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