Bronzetafel

Das erste Stadtrecht Wiens: Archäologische Sensation aus der Römerzeit

Wien wurde 1221 Stadt – so liest man in den Lexika. Dass aber schon das antike Vindobona das Stadtrecht besaß, wurde erst jetzt bekannt. Dank einer Bronzetafel, die 100 Jahre lang im Depot lag.

Hundert Jahre wusste man nicht viel anzufangen mit der zerbrochenen Bronzetafel aus dem Wien der Römerzeit. Gefunden wurde sie 1913 an der Wiener Innenstadtadresse Am Hof 4. Hier stieß man beim Abriss eines Gebäudes auf Reste der südlichen Befestigungsanlage des Legionslagers Vindobona. Die Tafel enthielt 12 Zeilen Text, doch die Buchstaben waren schwer zu interpretieren, eindeutig waren nur die einzigen zwei vollständigen Wörter: EDICTA  und GALBA. Also nahm man an: Es war ein Edikt aus der Zeit des Kaisers Galba, der gerade mal sechs Monate regierte (von 68- bis 69 n. Chr.)

Der Schönheitsfehler bei dieser Interpretation: Legionslager und Zivilstadt entwickelten sich erst einige Jahrzehnte danach. Das passte nicht zusammen. Stammte die Bronzetafel wirklich aus der Zeit Galbas oder kam sie erst später hierher? Und was will uns die Tafel, die heute im Wien Museum aufbewahrt wird, eigentlich sagen?

Niklas Rafetseder, er arbeitet als Lateinlehrer an einem niederösterreichischen Gymnasium,  nahm den Fund von 1913 im Zuge seiner Dissertationsarbeit genauer unter die Lupe und verglich ihn mit sechs Bronzetafeln aus der antiken spanischen Stadt Irni. Sie sind ausgestellt im Archäologischen Museum Sevilla und in der Forschung als Lex Irnitana bekannt: Sie bilden die Gründungsurkunde einer antiken Stadt, eines municipiums, aus dem Jahr 91 nach Chr. Der Text ist das am vollständigsten erhaltene Dokument eines Stadtrechts aus der Zeit der flavischen Kaiserdynastie. Es gibt in Andalusien noch zweite weitere ähnliche Beispiele. Die Bronzetafeln wurden damals an einem offiziellen Gebäude der Stadt ausgehängt und dokumentierten die Verfassung und Verwaltung einer Stadt.

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