Ob sich jemand als krank empfindet, hängt stark davon ab, was der Mensch für „gesellschaftlich akzeptiert“ hält.
Es soll ja gesund sein, die Dinge öfter einmal positiv zu sehen, also konzentrieren wir uns in dieser Kolumne auf das Gute, das uns das Coronavirus beschert. Bei aller Hysterie hat die rasche Ausbreitung der Krankheit nämlich einen wichtigen erzieherischen Wert. Viele Menschen lernen erstmals eine einfache Lektion: Wer krank ist, bleibt zu Hause, um nicht den Rest der Belegschaft auch noch anzustecken. Dass die Regierungen diese No-na-Regelung weltweit mit staatlichem Druck und Quarantänepflicht durchsetzen müssen, erzählt viel über das eigentümliche Verhältnis, das Menschen zu ihrer Gesundheit haben.
Von der Ameise bis zum Elefanten sieht die Reaktion auf eine vorübergehende Schwächung des Organismus im Tierreich meist gleich aus: Die Betroffenen meiden unnötige Anstrengung und ziehen sich zurück, bis es ihnen besser geht. Nicht so der Mensch: Studien zufolge gehen neun von zehn Mitarbeitern in Pflegeberufen auch mit grippeähnlichen Symptomen weiter arbeiten, was die Gefahr einer weiteren Ansteckung natürlich erhöht. In Österreich waren unselbstständig Beschäftigte im Vorjahr im Schnitt 13,1 Tage im Krankenstand. Fast eine Woche weniger als in den 1980er-Jahren.