Glosse

Schuhplattln statt Handshake

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Aber hallo! Die Queen verleiht Orden in Coronazeiten behandschuht, das Merkelflügelchen steht nur der Kanzlerin, Schuhplattln erlebt als Paartanz eine Renaissance.

Es ist eigentlich ganz ähnlich wie beim „Guten Appetit!“- oder „Gesundheit!“-Sagen, wenn man zu essen beginnt oder jemand niest. Benimmbücher verbieten beides, wenn man aber der einzige in einer Tisch- oder Niesrunde ist, der sich daran hält, gilt man – trotz braver Benimmregeleinhaltung – als Krankheit wünschender (Fr-)Essrüpel.

Und jetzt also das Händeschütteln oder gar Bussi-Bussi-Geben: Folgt man Coronavirusausbreitungsverhinderungshardlinern, ist beides ein No-Go. Angela Merkel holte sich bekanntlich eine Handschüttelabfuhr von Horst Seehofer. In Frankreich werden indessen die Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl des Pariser Bürgermeisters darauf abgeklopft, ob sie sich an das Handshake- und Bussiverbot halten. Anne Hidalgo meinte, sie leide sehr, weil sie alle Pariser in ihr Herz geschlossen habe und dies nun nicht zeigen dürfe. Kontrahentin Rachida Dati verteidigte ihr Händeschütteln bei Wahlkampfauftritten mit der nicht zu bändigenden Nähe zu allen Wahlberechtigten. Ah ben ouais.

Und auf der anderen Seite des Kanals, fern von „the Continent"? Da trug Königin Elizabeth II. bei einer Ordensverleihung zum ersten Mal Handschuhe, immerhin aber keine Gesichtsmaske. Zum Glück dürfen, wenn es traditionell zugeht (und das tut es am Königshof ja meistens), Damen beim Händeschütteln die Handschuhe anbehalten. So leistete sich die Monarchin keinen Faux pas, blieb lady-like und - hoffentlich - virusgeschützt. 

Zurück nach Frankreich, wo sich die Modewelt den neuen Gegebenheiten beugen musste: Wurde in Paris zwar keine der Shows abgesagt (nur Herr Armani hatte in Mailand in einem Showspace ohne Publikum defilieren lassen), so lancierte man am Rande der Semaine du Prêt-à-Porter allmählich neue Moden des Begrüßens. Dazu gehört Oberarmdrücken und Ellbogenreiben – andererseits verwunderlich, soll man doch in der Armbeuge, die ja nun wirklich nicht weit vom Ellbogen entfernt ist, seine Nies- und Husttätigkeit verrichten.

Japan bleibt auch in Coronazeiten chic, darum bleibt es spannend, ob der japanische Falthandgruß (ohne die begleitende Verneigung freilich) sich als trendige Alternative in manchen Kreisen durchsetzen wird. Einander aus einem halben Meter Entfernung zuzuwinken wirkt affektiert, der klingonische Gruß etwas zu avantgardistisch. Frau Merkels nach der Seehoferverweigerung neben dem Oberkörper wie Flügelchen ausgeklappte Arme kann sich wohl nur die mächtigste Frau der Welt leisten; bei jeder und jedem anderen würde das albern wirken.

Ja, und dann gibt es natürlich noch die Variante, die sich von Tiktok und Twitter ausgehend gerade rasend schnell verbreitet. Eine in diesem für blutjunge Menschen gemachten sozialen Medium beliebte Choreographie, die im hüpfenden Aneinanderklopfen von Füßen besteht – eine Art freihändiges Paar-Schuhplattln – erfreut sich derzeit wachsender Beliebtheit.

Schön, wenn in Zeiten wie diesen zumindest das Koordinationsvermögen trainiert wird.

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