Integration

Ministerin Raab: "Jeder Vierte in Österreich hat Migrations­hintergrund"

HANDBALL - EHF EURO 2024, preview
HANDBALL - EHF EURO 2024, previewGEPA pictures
  • Drucken

Susanne Raab stellte Zahlen zur Migration und Integration vor - ihr Termin wurde von jungen SPÖ-Aktivisten gestört.

Ministerin Susanne Raab (ÖVP) hat die Integration der seit 2015 nach Österreich Geflüchteten als "gesamtgesellschaftlichen Kraftakt" bezeichnet. "Österreich hat die Folgen von 2015 noch nicht überstanden", erklärte sie bei einer Pressekonferenz am Donnerstag und warnte davor, dass die Migrationskrise schnell zur Integrationskrise werden könne.

In Österreich hätten seit 2015 rund 200.000 Menschen um Asyl angesucht, 110.000 hätten einen positiven Asylbescheid erhalten, erläuterte die Integrationsministerin: "Das ist in der Größenordnung der Stadt Klagenfurt." Die Unterbringung in den Asylquartieren habe mehr als zwei Milliarden gekostet, insgesamt habe man 70.000 Deutschkurse und 100.000 Wertekurse sowie mehr als eine halbe Million Beratungen durchgeführt.

Raab: Nachbarländer sollen Schutz bieten

Österreich habe zahlreiche Maßnahmen zur Integration gesetzt, auch ehrenamtlich wurde "enorm" viel geleistet, betonte Raab. Es gebe aber weiterhin "viel zu tun". Aktuell befinden sich 30.000 Asylwerber in der Grundversorgung, rund 100.0000 Flüchtlinge hätten 2018 Mindestsicherung bezogen. Eine der größten Herausforderung ist zudem die Integration der rund 32.000 als arbeitslos gemeldeten Asylsuchenden. Die Qualifikationen der Zugewanderten seien unterschiedlich, zum Teil müssten manche aber erst alphabetisiert werden, ehe eine Integration in den Arbeitsmarkt möglich sei. Internationalen Erfahrungen zufolge brauche es ungefähr zehn Jahre bis sich die Arbeitslosenquote der Flüchtlinge jener der heimischen Bevölkerung angleicht.

"Primär" sollten Nachbarländer Schutz bieten, meinte Raab und verwies auf Österreichs Leistungen während der Jugoslawien-Krise. Damals habe Österreich 90.000 Menschen aufgenommen. Daher habe sich die Bundesregierung auch dazu bekannt, Griechenland zu unterstützen und die Hilfe vor Ort auszubauen, bzw. humanitäre Hilfe in Krisenregionen zu leisten. Freilich strebe man ein Folgeabkommen mit der Türkei an, "wir lassen uns aber auch nicht erpressen".

SPÖ-Aktivisten störten Termin

Einer Aufnahme von Frauen und Kindern aus griechischen Lagern erteilte Raab eine Absage und verwies darauf, dass Österreich laufend Menschen nehme. Allein heuer waren es bis dato 2600 Asylanträge, davon 1000 Frauen und Kinder. Die Integrationsministerin erinnerte in diesem Zusammenhang an das Recht auf Familiennachzug: "Wenn Frauen und Kinder kommen, kommen auch die Männer nach." Die Grünen hatten die Aufnahme von Frauen und Kindern gefordert, Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte sich ebenfalls für diese ausgesprochen. Auch in Deutschland wurde ein solcher Mechanismus diskutiert.

Die Menschen müssten langfristig integriert werden, schließlich seien diese gekommen, "um ein Leben lang zu bleiben". Europa dürfe nicht die Fehler von 2015 wiederholen und falsche Signale setzen, so Raab: "Wir dürfen nicht vermitteln, dass wenn man es nach Griechenland schafft, schafft man es auch nach Österreich, Deutschland oder Schweden." Österreich sei EU-weit nach Zypern und Luxemburg das Land mit dem höchsten Migrantenanteil, so Raab: "Jeder Vierte in Österreich hat einen Migrationshintergrund."

++ HANDOUT ++ PK 'INTEGRATIONS-BILANZ: FLUeCHTLINGSKRISE 2015 NOCH NICHT UeBERSTANDEN': RAAB
++ HANDOUT ++ PK 'INTEGRATIONS-BILANZ: FLUeCHTLINGSKRISE 2015 NOCH NICHT UeBERSTANDEN': RAABAPA/SOZIALISTISCHE JUGEND WIEN

Der Auftritt Raabs wurde von mehreren Aktivisten gestört, die ein Transparenz mit dem Slogan "Grenzen schließen heißt auf Menschen schießen" entrollten und dabei unter anderem skandierten: "Asyl ist Menschenrecht". Wie diese im Anschluss erklärten, waren sie Vertreter der Sozialistischen Jugend (SJ), des Verbandes Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und der Jungen Generation der SPÖ. Die Aktion sei Teil eines Aktionstages gewesen. Unter anderem kündigten die Aktivisten an, auch vor der ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse gegen die "Aushebelung der Genfer Flüchtlingskonvention" zu protestieren.

SPÖ: ÖVP will Integrationsprobleme „am Köcheln halten“

ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior verlangte daraufhin eine Entschuldigung von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. "Wer keine guten Argumente hat, der muss offensichtlich zu solchen Methoden greifen", so Melchior in einer Aussendung am Donnerstag. "Wir lassen uns von unserem Kurs durch solche mutwilligen Störversuche nicht abbringen", meinte Melchior. Österreich brauche "keine neue Zuwanderungswelle".

SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz warf indes der ÖVP vor, Integrationsprobleme nicht lösen, sondern "am Köcheln halten" zu wollen. Schließlich habe die türkis-blaue Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz im Integrationsbereich gekürzt und damit Integrationsmöglichkeiten verschlechtert. "Bedauerlich" sei, dass der Kurs nun unter Türkis-Grün fortgesetzt werde.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.