Auf direktem Weg

Foodcoops, die Nahversorger der anderen Art

Selbstbedienung. Butter zählt als Vorrat, nicht als Frischware, und kann daher jederzeit abgeholt werden.
Selbstbedienung. Butter zählt als Vorrat, nicht als Frischware, und kann daher jederzeit abgeholt werden.(c) Christine Pichler
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Selbstverwaltet und nicht gewinnorientiert: Ein Streifzug durch die Wiener Foodcoop-Szene, mit Käseschneideregeln, Zitruskooperationen und viel Engagemenent.

Zahllose idente grüne Kisten stehen in den Regalen des kleinen Lagerraums eng an eng aneinander. Darin wartet bunter Inhalt auf seinen Verzehr: Zwiebeln, Äpfel und Rüben aus Niederösterreich, Orangen und Kumquats aus Italien. Hier in der Brestelgasse in Ottakring hat der Radieschenbund seine Lagerstätte. Hinter dem fröhlich-erdigen Namen verbirgt sich eine Food Cooperative (kurz „Foodcoop“), die sich generell, wie es scheint, ähnlich wie Friseure mitunter durch kreative Namensfindung auszeichnen: In Margareten sind etwa „Herz & Rübe“ angesiedelt, in Gänserndorf die Foodcoop „Fresssack“ und in Gschwandt gar „ReggaeFood & GugaRoots“. Foodcoops sind selbstverwaltete Vereine, die gemeinschaftlich Lebensmittel direkt bei Produzenten und Bauern einkaufen, um die herkömmlichen Handelswege zu umgehen. Die Mitglieder können dann wiederum diese selbst organisierten Produkte in den Vereinslokalen zu erstaunlich günstigen Preisen kaufen. Dabei stehen Transparenz, die Stärkung von kleinen Produzenten und regionale sowie nachhaltige Qualität im Vordergrund. 2007 entstand mit dem Verein Bioparadeis die erste österreichische Foodcoop in Wien. Damit war man hierzulande natürlich eher spät dran. Die längst legendäre Park Slope Foodcoop in New York hat schon Anfang der Siebzigerjahre eröffnet und zählt heute unglaubliche 17.000 Mitglieder. Sie ist eine der ältesten und größten ihrer Art weltweit und verfügt mittlerweile über hochkomplexe Arbeitsstrukturen und ein Sortiment, das sich mit großen Supermärkten messen kann. Auch die Mitglieder entsprechen dort längst nicht mehr dem Klischee von Althippies, Aussteigern und Träumern. Die investierte Arbeitszeit der Mitglieder schafft einen Preisvorteil gegenüber herkömlicher Supermarktware. Genau das macht die Foodcoop dort massentauglich.

Anlaufstelle. In Wien sind die Größenverhältnisse natürlich andere. Der „Radieschenbund“ hat siebzig Mitglieder und eine immer längere Warteliste. Die 34-jährige Ružica Luketina hat den Beitritt noch vor Einführung der Warteliste geschafft. Die ehemalige Boku-Studentin will mit ihren Engagement in erster Linie ökologische Landwirtschaft unterstützen: „Hier kann ich darauf vertrauen, dass die Lebensmittel unter bodenschützenden Bedingungen produziert werden. Gleichzeitig kommt auch mehr Geld direkt bei den Bauern an.“ Diese Vorteile sind ihr bis zu vier Stunden Arbeitseinsatz pro Woche wert. Die Zeit investiert sie sowohl in den Radieschenbund als auch in die Interessensgemeinschaft (IG) Foodcoops. Diese IG wurde 2017 ins Leben gerufen, um die einzelnen Vereine zu vernetzen, aber auch um Beratung in technischen, rechtlichen und logistischen Fragen bereitzustellen. Mittlerweile vertritt sie mehr als die Hälfte der insgesamt 90 Foodcoops in Österreich. Auch sie ist basisdemokratisch organisiert, im Forum werden bei regelmäßigen Vernetzungstreffen Entscheidungen getroffen, Hierarchien gibt es keine. Eine gemeinsame Anlaufstelle für Anfragen und eine Plattform nach außen wurden auch durch das stark ansteigende Interesse an Foodcoops innerhalb der letzten Jahre immer wichtiger. „Alle Foodcoops haben mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen. Warum also nicht unsere Ressourcen zusammenlegen?“, erklärt Luketina.

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