Mein Freitag

Der Hamstereinkauf liegt vorerst auf Eis

Der Hamstereinkauf liegt vorerst auf Eis.
Der Hamstereinkauf liegt vorerst auf Eis.imago/imagebroker/schauhuber
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„Liebe in den Zeiten der Cholera“, fällt mir ein, als in der Straßenbahn die Menschen wortlos auseinanderrücken, das engere Zusammenstehen bisher hatte zwar nichts mit Liebe zu tun, aber der Roman von Gabriel García Márquez eigentlich ebenso wenig mit Cholera.

Die Gedanken machen seltsame Pirouetten, wenn man sich zerstreuen will, und dann trällert noch einer leise „My Sharona“. Aber es ist gut, wenn es Witze gibt. Alles ist besser als dieser Moment, wenn selbst unerschrockene Menschen ein wenig ratlos wirken.

Beim Einkaufen begegnet mir eine liebe Bekannte, sie schleppt zwei Säcke Streu und Heu. „Wir haben jetzt einen Hamster“, sagt sie, und wir müssen beide lachen, weil es sich anfühlt wie eine Szene in einem Klamaukfilm. Auf Bussi, Bussi verzichten wir trotzdem, man weiß ja nicht, wie die andere dazu steht, da gehen die Meinungen auseinander. Es ist erstaunlich, wie viel Achtsamkeit plötzlich möglich ist: Den anderen so sein zu lassen, wie er ist. Manche haben Angst, manche sagen, so eine Hysterie, viele sind genervt. Darf alles sein. Man sucht es sich ja nicht aus.

Im Supermarkt sind Tiefkühlprodukte verbilligt, aber die Eisfächer daheim sind randvoll. Wenn einmal Platz frei wird, muss dieser sofort gefüllt werden, das ist ein Impuls, dem man nicht widerstehen kann. Bunkern ist Charaktersache. Der Luchs versteckt seine Beute und kommt immer wieder zurück, um sich davon etwas zu holen, erzählt das Kind. Das machen die Eichhörnchen auch, nur finden sie es oft nicht mehr. Wir frieren Dinge ein und sehen nur das, was oben liegt.

Heute ist übrigens auch ganz offiziell der Tag der Tiefkühlkost – vor genau 90 Jahren wurden in den USA die ersten Produkte verkauft. Der Biologe Clarence Birdseye hatte sich von den Inuit in Grönland inspirieren lassen. So eine Gefriertruhe statt der klemmenden Laden wäre eine tolle Sache. Da wären dann 20 Kilo Marillen drin. Lieber gar nicht erst damit anfangen.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2020)

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