Jedes Lebensalter sei wichtig, sagt der Organisationsentwickler Michael Vogler: „Jeder Einzelne zieht für sich selbst den größten Nutzen aus koordinierter Kooperation.“ Und zwar unabhängig vom Lebensalter. Deshalb plädiert er für einen neuen Generationenvertrag.
Der Adel hatte seine Territorien an die nächste Generation zu vererben. Dem aufkommenden Bürgertum aber fehlte ein Narrativ, wie man heute sagen würde. Ihm ging es darum, zu zeigen, wie Wohlstand erworben und weitergegeben wird: Man entwickelte das Bild von der Leistungsgesellschaft und illustrierte es mit einer Lebenstreppe. Der Mann auf der höchsten Stufe in blauem Gehrock und mit steifem Zylinder steht im Mittelpunkt. Er ist zwischen 40 und 60 Jahre alt, auf dem Höhepunkt seiner Produktivität. Er organisiert, er herrscht.
Jahrzehntelang wurde diesem Bild gefolgt, sagt der Organisationsentwickler, Gründer von Kulturdesign und Leiter des Projekts „Tulln – Stadt des Miteinanders“, Michael Vogler. Ein Bild, das übrigens Tizian im 16. Jahrhundert mit seiner „Allegorie der Zeit“ vorweggenommen hat. Tizian zeigt unter den Gesichtern eines jungen, mittelalten und greisen Mannes einen jungen Hund, einen mächtigen Löwen und einen grauen Wolf.
Doch heute, sagt Vogler, stimme das Bild von der Leistungsgesellschaft nicht mehr: Die Jungen würden den strahlenden „blauen Mann“ nicht mehr erkennen. „Sie sehen stattdessen die von Burn-out und Süchten gezeichnete Elterngeneration. Die gehetzt und unzufrieden ist, rackert und trotzdem gekündigt wird.“