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Coming-of-Age-Dramen auf Netflix, Amazon und Co: Dieses Erwachsenwerden ist zum Weinen

ALL THE BRIGHT PLACES
ALL THE BRIGHT PLACES(c) Walter Thomson/NETFLIX (Walter Thomson)
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Der neue Netflix-Film „All die verdammt perfekten Tage“ ist traurig, aber vage. Wie Depression und Trauer auch verhandelt werden können, zeigen drei weitere Coming-of-Age-Dramen zum Mitfühlen.

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All die verdammt perfekten Tage

Regie: Brett Haley, 2020
Netflix

Als Theodore Finch zum ersten Mal Violet Markey begegnet, steht sie auf der Brüstung einer Brücke. Sie habe nicht springen wollen, beteuert sie. Aber der Tod ihrer Schwester hat sie in eine tiefe Krise gestürzt. Finch lockt sie aus der Isolation, die er selbst gut kennt. In der Schule wird er „Freak“ genannt, oft meldet er sich tagelang nicht. Auf Post-its sammelt er Gründe zum Weiterleben. Violet (wunderbar: Elle Fanning) wird zu einem davon. Der Versuch, ihrerseits Finch (eine Entdeckung: Justice Smith) zu „retten“, scheitert.

Wer ein Drama erwartet, wie der Trailer verspricht, wird enttäuscht: „All the Bright Places“ nach Jennifer Nivens Vorlage ist eine Tragödie, Zuschauer fordern deshalb gar einen Warnhinweis. So traurig das Ende ist, es bleibt zu vage. Regisseur Brett Haley schreckt davor zurück, in die Düsternis Finchs einzutauchen, wohl aus Angst, manche Zuschauer könnten nicht daraus zurückfinden. Mit der Darstellung eines Suizids in der Serie „13 Reasons Why“ hat Netflix heftige Kontroversen ausgelöst, nun ist man vorsichtiger. Damit wird der psychisch kranke Afroamerikaner Finch reduziert auf seine Rolle in Violets Weg zurück ins Leben. Ehe er zu schwierig wird, verschwindet er. Damit macht es sich der Film zu einfach.

Vielleicht lieber morgen

Regie: Stephen Chbosky, 2012
Amazon, Netflix

Warum „The Perks of Being a Wallflower“ den deutschen Titel „Vielleicht lieber morgen“ bekam, ist rätselhaft. Vielleicht war „Die Vorteile des Daseins als Mauerblümchen“ einfach zu sperrig. Worum es in dem Film – und dem wunderbaren gleichnamigen Roman von Autor und Regisseur Stephen Chbosky – wirklich geht, verraten beide Titel nicht: Der schüchterne Schüler Charlie (berührend fragil: Logan Lerman) freundet sich mit dem exaltierten Patrick (Ezra Miller), dessen Stiefschwester Sam (Emma Watson) und ihrer fröhlichen Außenseiter-Clique an. Er scheint aufzublühen und findet sogar – ein bisschen widerwillig – eine Freundin. Charlie jubelt zu Bowies „Heroes“ und steht bei der „Rocky Horror Picture Show“ auf der Bühne, trotzdem scheint er immer knapp am Zusammenbruch entlang zu schrammen. Die Situation kippt, nachdem seine Beziehung scheitert und er seine Freunde zu verlieren droht. Doch selbst als sich seine Lage zum Glücklichen wendet, kann er nicht zugreifen. Denn „Vielleicht lieber morgen“ ist keine Hässliche-Entlein-Geschichte, sondern das Porträt eines Traumatisierten. Damit beweist der Film einmal mehr: Niemand muss sterben, damit einem das Herz bricht.

Me And Earl and the Dying Girl

Regie: Alfonso Gomez-Rejon, 2015
Amazon (€ 2,99)

Greg (Thomas Mann) ist sehr erfolgreich darin, Menschen von sich fernzuhalten, „unsichtbar“ zu bleiben, indem er sich zu allen gleichermaßen freundlich verhält und trotzdem stets Distanz wahrt. Selbst seinen besten Freund Earl (RJ Cyler), mit dem er seit seiner Kindheit Kurzfilm-Hommagen dreht, nennt er nur seinen „Arbeitskollegen“. Und das Nachbarsmädchen Rachel (Olivia Cooke) ist definitiv „nicht meine Freundin“, wie er nicht müde wird zu betonen. Natürlich nicht, sonst müsste er sich auch mit ihrer unheilbaren Leukämie-Erkrankung auseinandersetzen.

Wie Rachel – und Earl – Gregs Panzer durchbrechen, zeigt Regisseur Alfonso Gomez-Rejon in seinem zweiten Spielfilm unsentimental. Das schwere Thema wird mit erstaunlicher Leichtigkeit und Witz (Gregs Werner-Herzog-Imitationen sind grandios!) inszeniert. Die „Geschichte von meinem letzten Schuljahr und wie es mein Leben zerstört hat“, wie der Film im Untertitel heißt, wurde von Kritik und Publikum gleichermaßen gefeiert. Beim Sundance-Filmfestival bekam das Coming-of-Age-Drama, das auf dem Debütroman von Jesse Andrews basiert, den Großen Preis der Jury und den Publikumspreis.

Das Schicksal ist ein mieser Verräter

Regie: Josh Boone, 2014
Netflix

Liebe und tödliche Krankheit: Schon 1970 litten Ali McGraw und Ryan O'Neal durch ihre „Love Story“, Anfang der 2000er Jahre gab es das Melodram „Nur mit Dir – A Walk to Remember“ mit Mandy Moore als sterbenskranker, tiefgläubiger Schülerin. Ähnlich gelagerte Filme folgten. „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ stach heraus, auch wegen der exzellenten schauspielerischen Leistungen von Shailene Woodley und Ansel Elgort: Die strenge krebskranke Hazel (Woodley) und der lebenslustige Gus (Elgort), der seine Krankheit überstanden glaubt, verlieben sich. Doch dann kehrt sein Krebs zurück.

Josh Boone hat John Greens Bestseller teils konventionell inszeniert. Höhepunkt der Liebesgeschichte ist eine Reise nach Amsterdam. Kitschig, aber rührend. „The Fault in Our Stars“, so der sich auf Shakespeare beziehende Originaltitel, zeigt, dass Pubertierende die gleichen Probleme teilen – egal, ob gesund oder krank. Etwa die Abnabelung von den Eltern. Sinnsuche zwischen kindlicher Träumerei und realistischen Optionen. Und die Frage nach der eigenen Identität: Wer ist Hazel abseits ihrer Diagnose? Gus' Antwort, sie sei „außergewöhnlich“, wünscht sich wohl jeder.

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