Immer nur Winter: Der apokalyptischen Roman „Fremdes Licht“

Sätze wie Schneeflocken aus der Sprache der Inuit. Michael Stavarič.
Sätze wie Schneeflocken aus der Sprache der Inuit. Michael Stavarič.(c) Anna Weise/SZ/Picturedesk
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Kälteschlaf, Fridtjof Nansen und die Weltausstellung in Chicago: Der österreichisch-tschechische Autor Michael Stavarič hat eine literarische Wundertüte erschaffen.

Ich weiß nur, dass in mir immerzu nur Winter ist.“ Der 500-Seiten-Roman „Fremdes Licht“ von Michael Stavarič beginnt mit einer Kälte, die viele Menschen vielleicht nur aus ihren Albträumen kennen. Eine Frau namens Elaine Duval – den Namen erfährt man später – findet sich an einem eisigen Ort wieder, sie friert, eine „Art Permafrost hält mich an diesem Ort gefangen, ich bin wie eine gefrorene, von Eiskristallen in Schach gehaltene Erde“.

Elaine ist allein, und während sich die Kälte weiter in ihren Knochen und in ihrem Gemüt ausbreitet, kehren die Erinnerungen nach und nach wieder, unter anderem die an ihren Großvater, der ein Inuk war und sie Elementares über den Frost, Eisbären und das Nordlicht gelehrt hat. Und plötzlich nimmt man staunend zur Kenntnis, dass sie auf einem Planeten sein soll, der nicht die Erde ist. Die Erde ist durch den Zusammenprall mit einem Kometen zerstört worden, allerdings wurde der Zeitpunkt des Aufschlags vorausberechnet, dadurch konnten einige Menschen mit Flugschiffen die Erde verlassen und sich auf die Suche nach einem neuen geeigneten Planeten machen.

Maschine, die Lebewesen herstellt

Diese Rahmenhandlung des apokalyptischen Romans spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der die Menschheit essenzielle wissenschaftliche Fortschritte gemacht hat, die Protagonistin ist eine Genforscherin, die an der Rekonstruktion von Leben gearbeitet hat. Sie hat eine Maschine entwickelt, die mittels einer Nährlösung und den passenden genetischen Codes Lebewesen herstellen kann. Die „Schwester“, so wird die Maschine von ihrer Schöpferin genannt, ist eine Art Drucker, die notwendigen Codes werden der Nährlösung mit Nadeln eingeschrieben. Die ausführliche, beinahe manische Beschreibung ihrer Teile, Funktionen und Mechanismen erinnern frappant an den tödlichen Tätowierapparat in Kafkas „Strafkolonie“, der dazu dient, Delinquenten ihr Urteil in einer reich verzierten Schnörkelschrift (damit es länger dauert) so lang auf den Leib zu schreiben, bis sie daran zugrunde gehen. Die Stavarič'sche Maschine ist sozusagen die Antithese dazu.

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