Gegengift

Lob des Bastards: „Der Hurensohn muss anerkannt werden“

Land und Macht wollen in William Shakespeares irren Königsdramen fast alle haben. Warum also nicht auch illegitime Ansprüche stellen?

Wenn die politische Situation unübersichtlich wird, greifen die Taktiker im Gegengift aus Erfahrung zur ersten Folio-Ausgabe von 1623, um das öffentliche Dunkel aufzuklären. In seinen Dramen beschreibt William Shakespeare blank, wie Herrschen funktioniert. Vor allem seine Narren sagen den Mächtigen darüber knallhart die Wahrheit. Aber auch seine Bastarde vermitteln einleuchtend, wie das Bohren harter Bretter funktioniert. Sie sind uns zur Belehrung und Ergötzung jedenfalls lieber als scheinheilige päpstliche Legaten, durchgeknallte Monarchen, gewaltbereite Herzöge oder Henker.

Zum Beispiel Edmund in „King Lear“. Zwar ist er in der Wahl der Mittel auf dem Weg nach oben nicht zimperlich. Aber wer kann einem Charakter böse sein, den sein Vater, Gloucester, so vorstellt? Er sei ihm genauso lieb wie sein legitimer Sohn. Das Zeugen dieses Spitzbuben habe ihm nämlich viel Spaß gemacht. Ergo: „Der Hurensohn muss anerkannt werden.“ Dieser Strizzi verrät uns sogleich: „Nun denn, ehelicher Edgar, also ich brauche dein Land.“ Warum auch nicht? Was unterscheidet Edmund von denen im Stück, die bereits taten, was der Lateiner gemeinhin privatisieren nennt? Der Typ ist vernünftiger als Lear und beinahe so ehrlich wie dessen edle Tochter Cordelia. Land und Macht wollen in irren Königsdramen fast alle haben.

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