Epidemie

Corona und Grippewelle: Kommen Schulschließungen?

APA/dpa/Marcel Kusch
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Neben der Verbreitung des Coronavirus läuft nun die Grippewelle. Um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, könnten künftig Schulen und Kindergärten geschlossen werden.

Wien. Bundeskanzler Sebastian Kurz hat am Sonntag weitere Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus angedeutet. Als Ziel nannte er in der ORF-„Pressestunde“, die Ausbreitung der neuen Krankheit bis nach Ende der aktuellen Grippewelle zu verzögern. Konkrete Maßnahmen nannte er nicht, deutete aber unter anderem die vorübergehende Schließung von Schulen und Kindergärten an: „Was wir verhindern müssen, ist, dass es eine rasche Ausbreitung des Coronavirus gleichzeitig mit der Grippewelle gibt“, sagte Kurz. Andernfalls würde das Gesundheitssystem an seine Kapazitätsgrenzen stoßen. Derzeit gebe es zusätzlich zu den Corona-Infektionen nämlich noch mehr als 100.000 Grippepatienten. „Jeder Tag, den wir jetzt in der Ausbreitung gewinnen, hilft uns, was unsere medizinischen Kapazitäten betrifft.“ Auch Italien setze ähnliche Maßnahmen, „weil ihnen sonst das Gesundheitssystem zusammenbricht“.

Bei der Bevölkerung warb Kurz um Verständnis für weitere Maßnahmen. Die Akzeptanz für die aktuellen Quarantänemaßnahmen sei vorhanden. „Aber natürlich wird es in weiterer Folge nicht nur eine Einschränkung im Flugverkehr geben oder im Austausch mit Italien, sondern wir werden täglich beurteilen müssen, welche Maßnahmen setzen wir darüber hinaus“, so der Bundeskanzler. Es werde darum gehen, das öffentliche Leben ein Stück weit zu verlangsamen. Als Beispiele nannte Kurz eben die vorübergehende Schließung von Schulen, Kindergärten und Universitäten sowie die Einschränkung von Großveranstaltungen. Man müsse diese Schritte aber „zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Dosierung“ setzen, denn lang könne eine Volkswirtschaft das nicht durchhalten.

Wiener Kindergarten gesperrt

Je mehr Infektionen es gebe, desto schwieriger werde es aber, jede einzelne Ansteckung zurückzuverfolgen, räumte Kurz ein: „Irgendwann kommt man in eine Phase, wo man zwar hinnehmen muss, dass die Ausbreitung stattfindet, aber versucht zu verhindern, dass es einen Peak gibt.“ Wirtschaftliche Auswirkungen durch das neue Virus erwartet Kurz auf jeden Fall: „Ganz hart wird es Italien treffen“, erklärte der Bundeskanzler. Nachsatz: „Aber auch an Österreich wird das nicht spurlos vorübergehen.“

Derweilen stieg die Gesamtzahl der positiv auf das neue Coronavirus getesteten Personen in Wien um neun auf 32. Unter den Patienten ist auch eine Mitarbeiterin eines kleinen Privatkindergartens in Wien Ottakring. Diese Betreuungseinrichtung bleibt nun für zwei Wochen geschlossen, wie Corina Had von der Wiener Berufsrettung berichtete. Alle Pädagoginnen und eine Kindergruppe wurden abgesondert und bleiben vorerst in häuslicher Pflege. Die erkrankte Frau hatte Kontakt zu einem zuvor schon bekannt gewesenen Fall in Wien.

Bei den neun in Wien neu bekannt gewordenen Fällen handelt es sich um vier Frauen und fünf Männer. Bei einem Betroffenen muss das Umfeld noch weiter abgeklärt werden – es ist also noch nicht bekannt, wo sich die Person angesteckt hat.

Eine positiv getestete Person hatte Kontakt zum Patienten in Vorarlberg und auch zu einer Lehrveranstaltung auf einer Fachhochschule (FH). Die gefährdeten Personen wurden abgesondert und getestet. Die Ergebnisse standen am Sonntag noch aus. Vier der neu dazugekommenen Corona-Erkrankten hatten Kontakt zu Wiener bzw. zu niederösterreichischen Fällen bzw. zum Vorarlberger Fall. Bei zwei Personen handelt es sich um Rückkehrer aus dem Iran bzw. aus Italien. Dazu wurden am Sonntagnachmittag in der Steiermark erneut zwei neue Coronavirus-Fälle bestätigt.

Wobei es auch gute Nachrichten gibt. Dem 72-jährigen, schwer erkrankten Wiener Anwalt geht es seit Samstagnacht etwas besser. Er wird immer noch beatmet und befindet sich auf der Intensivstation, der Zustand hat sich aber nach „Presse“-Informationen leicht gebessert.
In Niederösterreich sind am Sonntag acht weitere Fälle einer Infektion mit dem Coronavirus bestätigt worden. Die Zahl der Erkrankungen stieg im Bundesland damit von 23 auf 31 an. Erstmals betroffen sind auch die Bezirke Hollabrunn und Bruck an der Leitha, teilte der Sanitätsstab mit. Die meisten Erkrankungen gibt es weiterhin im Bezirk Korneuburg, wo mittlerweile 24 Personen betroffen sind.

Insgesamt ist die Zahl der Infizierten im Vergleich zum Vortag stark gestiegen: Bis Sonntagvormittag waren rund 100 positiv getestete Personen bekannt, geht aus Angaben des Gesundheitsministeriums hervor. Am Samstagabend lag die Zahl bei 81. In ganz Österreich wurden bisher 4509 Personen auf das neuartige Coronavirus getestet.
Nebenbei sorgt das von Deutschland am Mittwoch verhängte Ausfuhrverbot für medizinische Hilfsmittel für Probleme in Österreich: Eine Lkw-Ladung voller Atemschutzmasken ist an der deutschen Grenze an der Einreise nach Oberösterreich gehindert worden. Und das, obwohl die Masken in den oberösterreichischen Spitälern dringend gebraucht würden, wie Gerhard Hasenöhrl, Leiter der Pressestelle des Landes Oberösterreich, erklärte. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2020)

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